Achtzig Jahre danach, eine Ehrerbietung an Katalonien: Die Inder und der spanische Bürgerkrieg

Achtzig Jahre danach, eine Ehrerbietung an Katalonien: Die Inder und der spanische Bürgerkrieg

http://thewire.in, Von Shirsho Dasgupta, 22.05.2016 / Übersetzung: Herbert Grießig

Für Inder wie Jawaharlal Nehru, Krishna Menon und Mulk Raj Anand haben die Ereignisse während des spanischen Bürgerkrieges die Voraussicht auf ein unabhängiges Indien bestärkt, das ein Jahrzehnt später in die Geschichte eintrat.

Foto: Frauen, kämpfend im Spanischen Bürgerkrieg. Entnommen aus Wikipedia. (Foto folgt nach.)

Vor achtzig Jahren am 17. Juli 1936 initiierten Mitglieder spanischer Militär- und rechter konservativer Gruppen einen Staatsstreich gegen die gewählte Linksregierung Spaniens.

Während eine Welle republikanischen Eifers zur Verteidigung der gewählten Regierung durch Spanien floss, erlebte das Land einen blutigen Bürgerkrieg zwischen faschistischen und konservativen Kräften auf der eine Seite und einer Allianz aus Parlamentarier, Kommunisten, Sozialisten und anarchistischen Fraktionen auf der anderen Seite. Während Nazi-Deutschland und Italien offen die faschistischen Kräfte unterstützten, war es lediglich die UdSSR, die der Republik Hilfe gewährte, wobei sich der Völkerbund in Schweigen hüllte.

Die Auswirkungen des Konflikts waren weit über die Iberische Halbinsel hinaus zu spüren.

Der spanische Bürgerkrieg wurde zur Auseinandersetzung zwischen gegensätzlichen Gesellschaftskonzepten – zwischen Demokratie und Faschismus, Freiheit und Tyrannei.

Er wurde als Teil eines breiteren internationalen Konflikts betrachtet, der auch in Abessinien und China ausgefochten wurde. Mehrere tausend Menschen aus der ganzen Welt hatten den republikanischen Ruf vernommen und machten sich nach Spanien auf dem Weg, um sich den Internationalen Brigaden anzuschließen. Es wurde offensichtlich, dass der Republikanische Widerstand gegen die faschistischen Kräfte in Spanien, der Abessinische Widerstand gegen Mussolinis Truppen und der Krieg in China gegen die japanischen Aggressoren auch mit den Unabhängigkeitsbewegungen in verschiedenen europäischen Kolonien wie Indien verbunden war.

Foto: Eine Kopie der ersten Ausgabe von T.C. Worsleys „ Nach der Schlacht“. Entnommen aus Wikipedia (Foto folgt nach.)

In T.C. Worsleys “Nach der Schlacht“ über seine Erlebnisse in Barcelona im Jahre 1937 erwähnt der Autor das Treffen mit einem indischen Journalisten, der sich „Krishna“ nannte und für eine Vielzahl von Zeitungen schrieb. Als ein amerikanischer Journalist Krishna fragte, wie er seine Arbeit all den Zeitungen in Rechnung stellte, antwortet dieser zu jedermanns Überraschung, dass er nicht bezahlt werde, sondern einfach nur schreibe, damit die Inder erfuhren, was in Spanien vor sich geht.

Auf der jährlichen Sitzung des Kongresses im Dezember 1936, erklärte Jawaharlal Nehru: “In Spanien werden heute unsere Schlachten geschlagen und wir verfolgen diesen Kampf nicht bloß mit der Sympathie freundlicher Betrachter, sondern mit den schmerzlichen Ängsten jener, die vor Ort darunter leiden“. Nehru verurteilte den Völkerbund für seine Politik der Nichteinmischung und klagte ihn an, weil er die demokratischen Kräfte am effektiven Kampf gegen den Faschismus hinderte. Im Buch „Jawaharlal Nehru: Eine Studie in Ideologie und Sozialem Wandel“ schreibt Rajendra Prasad Dube: „Im spanischen Kampf schienen alle Werte der europäischen Zivilisation, die Nehru teuer waren, auf dem Spiel – Demokratie, Sozialismus, Menschenwürde, Selbstbestimmung, persönliche Freiheit“.

In intellektuellen Kreisen nahmen sich der Sache der spanischen Republik Autoren wie Frederico Garcia Lorca und George Orwell an. Unter ihnen auch Mulk Raj Anand, damals ein junger Autor, der 1935 ein Jahr vor Ausbruch des Krieges Indien auf dem Weltkongress der Schriftsteller gegen Faschismus in Madrid vertrat.

Anands kommunistische Anschauung veranlasste ihn, nach Spanien zu reisen und sich im Jahre 1937 den Internationalen Brigaden anzuschließen, obwohl er seinen Beitrag mehr journalistisch als militärisch begriff. Hier traf er auch George Orwell – eine Freundschaft, die später in London aufblühte. Es war in Spanien, als er seine Novelle „Über schwarzes Wasser“ schrieb.

Foto: Mulk Raj Anand. Entnommen: Wikipedia (Foto folgt nach.)

Später im Jahre 1938, kehrte Anand nach Indien zurück. In einer Botschaft an die zweite All-Indische Vereinigung der Schriftsteller (AIPWA) in Kalkutta berichtete er über seine Erlebnisse in Spanien und warb für die Pflicht von Autoren, ihr Handwerk zur Entlarvung von Ungerechtigkeit und Ausbeutung einzusetzen.

In Indien selbst verfolgten Vertreter der Literatur aufmerksam den Krieg in Spanien. In einem Artikel „An das Gewissen der Menschheit“ schrieb Rabindranath Tagore:

„In Spanien bedroht man die Weltzivilisation und trampelt auf ihr mit Füssen. Gegen die demokratische Regierung des spanischen Volkes hat Franco die Fahne der Revolte gehisst. Der internationale Faschismus vergeudet Männer und Geld für die Hilfe der Rebellen. Die zerstörerische Flut des Internationalen Faschismus muss aufgehalten werden… In dieser Stunde des Höchsten Gerichts und des Leidens des spanischen Volkes appelliere ich an das Gewissen der Menschheit. Helft der Volksfront in Spanien, helft der Regierung des Volkes, schreit mit einer Million Stimmen „Stopp!“… Tretet ein ihr Millionen für die Unterstützung der Demokratie, für den Beistand der Zivilisation und der Kultur.“

Der Poet Sriranganam Srinivasarao, damals ein Marxist, beeinflusst durch den Donner der Großen Oktoberrevolution in Russland schrieb sein erstes Gedicht Jayabheri („Trommeln des Sieges“) zu Ehren der republikanischen Soldaten in Spanien.

Inder in Großbritannien mobilisieren sich

Zurück in London, V.K. Krishna Menon, damals Sekretär der Indischen Liga mobilisierte indische Bewohner in Britannien für die Hilfe des republikanischen Spaniens. Die Liga arbeitete mit der Kommunistischen Partei Großbritanniens und anderen linken Organisationen zusammen, um Meetings und Protestmärsche gegen Neville Chamberlain´s Besänftigungspolitik und für die Unterstützung der republikanischen Sache zu veranstalten. Um Nahrungsmittel an die hungernden und eingeschlossenen Republikaner schicken zu können, gründete die Indische Liga das Indische Komitee für Nahrung an Spanien, deren Organisationsekretär Feroze Gandhi wurde.

Das Spanisch-Indische Komitee organisierte kulturelle Veranstaltungen, um Sammlungen zu starten. So konnte eine Ambulanz an die “mutigen spanischen Demokraten im Namen des Volkes von Indien und Ceylon „ übergeben werden. Indira Gandhi (damals Indira Nehru), die zu jener Zeit in Oxford studierte, half oft, diese Veranstaltungen zu organisieren und sprach auf einigen von ihnen. Sie war auch verbunden mit einer Organisation, die Freiwillige für die Internationalen Brigaden warb. Die berühmte Theaterdirektorin, Tänzerin und Bühnenschriftstellerin Shanta Gandhi, die damals in England Medizin studierte, wurde ein enge Freundin von Indira und Feroze und durch sie von Krishna Menon und seinen jungen Kollegen des „Freien Indien“. Sie schloss sich einer Tanzgruppe zur Sammlung für Spenden für die Republikaner in Spanien an und half Indira, Veranstaltungen zur Sammlung von Geld für das in London ansässige Spanische Hilfskomitee zu organisieren.

Nehrus Besuche

Im Juni 1938 besuchten Nehru und Menon Barcelona. Im Hinblick auf seine Erfahrungen im belagerten Barcelona schrieb Nehru in seiner Autobiographie „Auf zur Freiheit“:

„Es war das Europa von 1938 mit Mr. Neville Chamberlain´s Besänftigungs-Politik im vollen Gange, über die Körper der Nationen hinweg, verraten und zerschlagen, bis zum Finale, das in München stattfand. Ich betrat dieses Europa des Konflikts, indem ich direkt nach Barcelona flog. Dort blieb ich fünf Tage und sah nachts die Bomben vom Himmel fallen. Dort sah ich vieles andere, das mich mächtig beeindruckte. Und dort, inmitten des Mangels und der Zerstörung und des alles bedrohenden Disasters, fühlte ich mich in Frieden mit mir selbst als anderswo in Europa. Dort gab es Licht, das Licht des Mutes und der Entschlossenheit, etwas Wertvolles zu tun.“

Nach seiner Rückkehr von Barcelona sprach Nehru während einer Veranstaltung des Hilfskomitees für Spanien vor 5.000 Zuhörern auf dem Trafalgar Square.

Foto: Mitglieder der Legion Condor, die aus Freiwilligen der deutschen Luftwaffe und des Heeres bestand und die Nationalisten unterstützte. Entnommen aus Wikipedia (Foto folgt nach.)

Zwischendurch in Europa

Während Nehru Barcelona und London besuchte, verrieten in München Großbritannien und Frankreich ihren Verbündeten Tschechoslowakei und unterschrieben den Pakt, der Nazi-Deutschland die Annektion des Landes erlaubte. Die Tschechoslowakei war nicht einmal zu dieser Konferenz eingeladen, wo über ihre Zukunft entschieden wurde.

Im kommenden Jahr 1939 fiel schließlich die Spanische Republik. General Francisco Franco errichtete eine Diktatur mit Madrid als Hauptstadt. Nehrus Vertrauen in den Westen war durch diese Ereignisse schwer erschüttert: „ Es war nicht nur Spanien; die neue Welt wurde eingesperrt in einen Todeskampf mit den barbarischen Horden der Reaktion und der brutalen Gewalt …Spanien und die Tschechoslowakei waren für mich kostbare Werte gewesen… Wenn ich sie verliere, was würde ich dann für Indien wollen, für welche Art von Freiheit kämpfen wir dann? “

Der spanische Bürgerkrieg hinterließ ein unauslösliches Mal in der Weltgeschichte. Seine Narben sind noch immer in Spanien zu spüren. Die Republikaner wurden geschlagen und massakriert. Ihre Opfer jedoch spornten eine ganze Generation an, dem Faschismus zu widerstehen. Für Menschen wie Krishna Menon, Nehru und Anand wirkten sich die Erfahrungen während des Konflikts auf die Gestaltung des unabhängigen Indiens aus, das ein Jahrzehnt später entstand.

Link: Link: http://thewire.in/2016/05/22/80-years-later-a-homage-to-catalonia-indians-and-the-spanish-civil-war-37202/

Redaktion KFSR

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