Ausstellungseröffnung „Spanien war ihre Hoffnung“ – Lebensgeschichten Wuppertaler Spanienkämpfer. Enormer Besucherandrang; Nachkommen von Spanienkämpfern berichteten; Bürgermeisterin Ursula Schulz eröffnete; Dieter Nelles hielt einen einführenden Vortrag – bewegende Begegnungen.

Titelfoto: Ausstellungseröffnung 25.10.2016, Spanien war ihre Hoffnung – Lebensgeschichten Wuppertaler Spanienkämpfer, Fotos von AuL Berg und Mark und Jochen Vogler
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Wuppertaler Spanienkämpfer

Aus Wuppertal zogen 45 Freiwillige nach Spanien. Elf kehrten nicht zurück, sieben starben an der Front in Spanien. Ihre Biographien sind so unterschiedlich wie die damalige Wuppertaler Linke.

Der Historiker Dieter Nelles stellt freundlicher Weise die Texte der Tafeln zur Verfügung. Mehr Informationen im Katalog der Ausstellung: HIER.

Mit einem enormen Besucherandrang begann gestern die Ausstellung „Spanien war ihre Hoffnung – Lebensgeschichten Wuppertaler Spanienkämpfer“ im Förderverein Konsumgenossenschaft „Vorwärts“ Münzstraße e. V.. Nachkommen zweier Spanienkämpfer berichteten von den Lebenswegen ihrer Väter, Bürgermeisterin Ursula Schulz eröffnete die Veranstaltung, Dieter Nelles hielt einen einführenden Vortrag mit persönlichen Ausschnitten der biographischen Ausstellung und Uli Klan begleitete die Veranstaltung mit passenden Liedern der Internationalen Brigaden.

Wieder einmal hat der „Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal“ gezeigt, wie gewinnbringend die Recherche nach Angehörigen ist, die Vermittlung an die Teilnehmenden dadurch sehr persönlich und eindrücklich wird und wie Wertschätzung für die Angehörigen eine wichtige Arbeit darstellt.

Die Ausstellung ist zu unregelmäßigen Zeiten beim Förderverein Konsumgenossenschaft „Vorwärts“ Münzstraße e.V. zu sehen. (Öffnungszeiten finden Sie hier: https://www.facebook.com/events/139864109773926/ )
Die Veranstaltung ist eine Kooperation mit Denkmal Wuppertal, der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW und der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen

Fotos vom Arbeit und Leben Wuppertal/Hagen/Solingen.

  • Aus dem Vorankündigungstext zur Eröffnung der Ausstellung:

Spanien war ihre Hoffnung

Rund 35.000 internationale Freiwillige kämpften in den Milizen und den Internationalen Brigaden oder als JournalistInnen und PropagandistInnen auf Seiten der Republik. Darunter waren rund 9.800 Franzosen/Französinnen, 4.000 ItalienerInnen, 4.000 PolInnen, 3.000 Deutsche, 2.700 US-AmerikanerInnen und 2000 BritInnen.

Wenn deren Engagement auch heute noch weltweit nachwirkt, hat dies auch mit der literarischen und künstlerischen Verarbeitung zu tun. Es gibt vermutlich kein anderes historisches Ereignis neben dem Spanischen Bürgerkrieg, an dem Intellektuelle und SchriftstellerInnen so stark engagiert waren und als SoldatInnen gekämpft haben.
George Orwell kämpfte in einer Miliz des POUM,André Malraux organisierte eine Fliegerstaffel, Gustav Regler war politischer Kommissar, Carl Einstein kämpfte in der Columna Durruti.
Groß war die Zahl der JournalistInnen, die Spanien während des Bürgerkrieges bereisten und hofften, durch ihr Engagement die Spanischen Republik zu unterstützen. Dabei verschmolzen
tendenziell die Grenzen zwischen Berichterstattung und aktiver Teilnahme. So belieferte Gerta Taro mit ihrem damaligen Lebensgefährten Robert Capa die Welt mit sensationellen Fotografien vom Krieg in Spanien. Sie, die später selbst während der Schlacht um Brunete starb, soll gesagt haben: «Wenn man bedenkt, wie viele großartige Menschen, die wir kennen, allein in dieser Offensive umgekommen sind, kommt einem der absurde Gedanke, dass es irgendwie unfair ist, noch am Leben zu sein.»

Wuppertaler Spanienkämpfer

Aus Wuppertal zogen 45 Freiwillige nach Spanien. Elf kehrten nicht zurück, sieben starben an der Front in Spanien. Ihre Biographien sind so unterschiedlich wie die damalige Wuppertaler Linke.

Unter ihnen waren überzeugte Parteikommunisten wie der spätere DDR-Innenminister Friedrich Dickel oder der KPD-Bundestagsabgeordnete Walter Vesper, Anarchosyndikalisten wie Helmut Kirschey und Fritz Benner, der Sozialdemokrat Georg Karrenberg oder KPD-Mitglieder wie Arthur Gießwein, der sich im Internierungslager Gurs der antistalinistischen 9. Kompanie anschloss.

Die Mehrheit der Wuppertaler Freiwilligen kämpfte in den Internationalen Brigaden an. Fünf Freiwillige kämpften in der anarchistischen Miliz Columna Durruti.

Nach dem Ende des Spanischen Bürgerkrieges waren die Freiwilligen buchstäblich über die ganze Welt verteilt. In Frankreich wurden sie unter lebensbedrohlichen Bedingungen zunächst in Internierungslagern wie Gurs eingesperrt. Bei Kriegsbeginn wurde ihnen von der französischen Regierung das Angebot gemacht, in die französische Fremdenlegion einzutreten. Die meisten KPD-Anhänger weigerten sich, sie lehnten auch in ihrer Mehrheit den Dienst in einer (zivilen) Arbeitskompanie ab. Die Anhänger der KPD setzten zum Teil auf die neuen Bündnisverhältnisse nach dem Hitler-Stalin-Pakt und folgten wie Otto Gilde nach der deutschen Besetzung Frankreichs der Direktive der KPD-Zentrale „freiwillig“ nach Deutschland zurückzukehren. Die meisten Rückkehrer wurden bis zum Kriegsende in Konzentrationslager eingesperrt.
Acht Wuppertaler Spanienkämpfer blieben in Frankreich und schlossen sich der Résistance an. Helmut Kirschey und Fritz Benner retteten sich nach Schweden. Rudolf Zuckermann gelangte nach Mexiko. Carl Coutelle arbeitete als Arzt für das Chinesische Rote Kreuz auf Seiten der Armee von Chiang Kai-shek in Südchina und Britisch-Indien. Hans Schubert und Friedrich Dickel wurden bereits im April 1937 aus Spanien abgezogen und gingen nach einer Agentenausbildung bei Moskau zum Einsatz nach Shanghai. Der Brigadekommissar der XI. Internationalen Brigade (IB) Eugen Schwebinghaus wurde am 23. April 1943 in Amsterdam verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 24. August 1944 im Gefängnis Bruchsal hingerichtet. Artur Dorf, der zeitweise Politkommissar XI. IB und Kommandeur des Etkar André Bataillons war, fiel in Ungnade und wurde degradiert. Er kämpfte nach seiner Internierung in Frankreich und Nordafrika 1943/1944 in einer Sondereinheit des amerikanischen Geheimdienst OSS, die sich auf einen Fallschirmspringereinsatz in Italien vorbereitete. Walter Vesper kämpfte er in der französischen Résistance und war an dem spektakulären Gefängnisausbruch in Castrés beteiligt.

Einige der kommunistischen Spanienkämpfer machten später in der DDR erstaunliche Karrieren. Friedrich Dickel wurde Innenminister der DDR, Walter Vesper wurde nach seiner Übersiedlung in die DDR deren Botschafter in Ungarn und in der ČSSR. Der jüdische Spanienkämpfer und Kardiologe Rudolf Zuckermann hingegen, der trotz Warnungen 1953 aus dem mexikanischen Exil in die DDR ging, geriet in die stalinistische Kampagne der SED gegen sog. Westemigranten und Juden und wurde direkt nach seiner Einreise verhaftet. Zuckermann wurde später rehabilitiert und blieb in der DDR. Erst spät erhielt er eine Professur mit Lehrauftrag für Kardiologie an der Universität Halle.
Die große Hoffnung der (Wuppertaler) SpanienkämpferInnen, Hitler in Spanien zu schlagen, erfüllte sich nicht. Der Spanienkrieg wurde für die gesamte europäische ArbeiterInnenbewegung zu einer bitteren Niederlage in mehrfacher Hinsicht. Zunächst war es natürlich die vollständige militärische Niederlage. Die republikanischen Truppen konnten auf Dauer den von Nazi-Deutschland und Italien massiv unterstützten Franco-Truppen militärisch nicht genug entgegensetzen. Die Nichteinmischungspolitik Frankreichs und anderer Staaten ermöglichten den Durchmarsch von Franco und den endgültigen Sieg über die Spanische Republik.
Hart traf es die Freiwilligen auch, dass sich die Konflikte innerhalb der Linken entgegen aller Einheits- und Volksfronthoffnungen weiter verschärften. Die stalinistischen Säuberungen in der Sowjetunion warfen ihre Schatten auch auf Spanien. Spätestens nach den innerlinken Straßenkämpfen in Barcelona im Mai 1937 setzte eine Hatz auf Anarchisten, auf die linkssozialistische POUM und auf andere vermeintliche Trotzkisten ein. Der sowjetische Geheimdienst NKWD ließ in Zusammenarbeit mit dem republikanischen militärischen Geheimdienst SIM und den Abwehrleuten der KPD sog. feindliche Elemente verhaften und in nicht geringer Zahl in Geheimgefängnisse verschleppen.
Trotzdem hat der Kampf auf Seiten der Spanischen Republik auch 80 Jahre später (nicht nur) für die Beteiligten von damals einen herausragenden Platz in ihrer Geschichte. Dazu schrieb der Historiker Eric Hobsbawm:
„Was Spanien für Liberale und Linke in den dreißiger Jahren bedeutete, scheint heute nur noch schwer feststellbar. Doch für viele von ihnen, die überleben konnten und heute alle in biblischem Alter sind, scheint die Verteidigung ihrer Sache in diesem Land selbst rückblickend betrachtet die einzige politische Tat gewesen zu sein, die ihre Gültigkeit bewahrt hat. (…) Damals lief für alle, die gegen den Faschismus kämpften, die entscheidende Front in Spanien. Denn es war nicht nur die einzige Front, die sich zweieinhalb Jahre lang hinzog, sondern es war auch der einzige Kampf, an dem sie als Individuen teilnehmen konnten – wenn nicht in Uniform, dann durch das Sammeln von Geldspenden, durch die Hilfe für Flüchtlinge oder durch endlose Kampagnen, um die eigenen Regierungen unter Druck zu setzen.“

Redaktion KFSR

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