Voluntarios de la Libertad – Freiwillige der Freiheit Zum Jahrestag der Gründung der Internationalen Brigaden (Teil 1) • Von Werner Abel

Voluntarios de la Libertad – Freiwillige der Freiheit
Zum Jahrestag der Gründung der Internationalen Brigaden (Teil 1) • Von Werner Abel

Foto: Aus dem Album zum 1. Jahrestag der Internationalen Brigaden

Selbst das Wetter schien es gut gemeint zu haben. „Es war ein Oktobersonntag voller Sonne. So früh schon soviel ungewohnte Bewegung! Die kleine Stadt Albacete, Wiege der Internationalen Brigaden, ist früh auf den Beinen“, schrieb der Kriegskommissar der Base Albacete, Maurice Lampe, wenige Zeit später für das Album „Un año de las Brigadas Internacionales“. Gemeint war der 17. Oktober 1937, an dem mit einer machtvollen Manifestation und mit aktiver Teilnahme der Bevölkerung von Albacete der 1. Jahrestag einer internationalen Kampfgruppe begangen wurde, die wohl ohne Beispiel in der Geschichte war. Ein Jahr zuvor waren in der Provinzstadt Albacete, gelegen in der Mancha und zu dieser Zeit mit den umliegenden Gemeinden gerade mal 42 000 Einwohner zählend, die ersten internationalen Freiwilligen angekommen. Base orgánica de las Brigadas Internacionales Die Wahl Albacetes als zukünftiges Verwaltungszentrum für die Internationalen Brigaden hing wohl mit seiner strategisch günstigen Lage im
Hinterland zusammen, nicht zu weit entfernt von der Zentralfront, mit Eisenbahnanschluss, einem kleinen Flugplatz, lokaler Industrie, vor allem aber mit militärisch nutzbaren Gebäuden wie der gewaltigen Kaserne der Guardia Nacional. Albacete war durch das legendäre 5. Regiment, der aus der Volksmiliz der Kommunistischen Partei Spaniens hervorgegangenen militärischen Formation, von den Nationalgardisten, die sich den Putschisten angeschlossen hatten, freigekämpft worden. Das republikanische Verteidigungsministerium nutzte die Stadt überdies, um einige Divisionen der neuen Volksarmee aufzustellen. Damit war der Präsident der Cortes, der Republikaner Diego Martínez Barrio, beauftragt. Damit in Albacete die „Base orgánica de las Brigadas Internacionales“, wie dieses Verwaltungszentrum amtlich hieß, entstehen konnte, war man auch auf die Hilfe der lokalen Behörden angewiesen. Man brauchte für den riesigen entstehenden Militärapparat nicht nur alle verfügbaren Gebäude der Stadt, so z. B. auch das Sportstadion, sondern auch die umliegenden Ortschaften für Ausbildungslager und Militärschulen. Hilfe, wenn oft auch widerwillig, kam von dem damaligen Zivilgouverneur Justo Martínez Amutio, Linkssozialist und kein Anhänger der Kommunisten, aber seit 1934 befreundet mit Hans Beimler. Solidarität mit der Republik Es war kein Geheimnis, dass die Idee zur Bildung internationaler Freiwilligen-Einheiten von französischen und deutschen Kommunisten kam und dass die Kommunistische Internationale (Komintern), jene weltumspannende Vereinigung kommunistischer Parteien, diese Idee aufgegriffen und die Organisation übernommen hatte. Am 27. August 1936 war bereits im Politbüro der KPdSU, wie Georgi Dimitroff, Generalsekretär der KI, in seinem Tagebuch berichtete, die Bildung eines internationalen Freiwilligen-Korps angeregt worden. Zur gleichen Zeit rief die Auslandsleitung der KPD alle waffenerfahrenen Genossen dazu auf, sich der Spanischen Republik zur Verfügung zu stellen. Am 27. September 1936 beschloss das Exe kutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI) alles zu tun, um die Spanische Republik personell, materiell und propagandistisch zu unterstützen. Die weltweite Solidaritätsaktion, die auch in den kommenden Jahren eher noch zunahm, basierte größtenteils auf den Initiativen der Komintern und der Kommunisten vieler Länder. Die Gründung der Interbrigaden Im Herbst 1936 hielten sich schon mehrere Tausend ausländische Antifaschisten in Spanien auf. Sie waren in der Mehrheit den gegen die Putschisten kämpfenden Milizen beigetreten. Die Milizen, so bewundernswert ihr Einsatz auch war, hatten inzwischen schon immense Verluste zu beklagen. Es gab keine straffen Befehlsstrukturen, keine Koordination zwischen den einzelnen Einheiten und kein gemeinsames Oberkommando. Neben den Militärs waren auch die in Organisationsfragen erfahrenen kommunistischen Funktionäre der Auffassung, dass Milizen auf Dauer nicht effizient gegen eine hochgerüstete und hierarchisch geführte Armee, wie es die der Putschisten war, kämpfen können. Ein Problem war aber auch, dass mit dem Putsch die spanische Armee quasi zerfallen war und ein großer Teil des Landheeres im Gegensatz zur Luftwaffe und zur Marine zu den Putschisten überlief. Das bedeutete auch, dass die Bildung internationaler Kampfeinheiten im Grunde mit der Neuformierung der Armee der Republik zusammenfallen musste. Diese Armee, und das war auch programmatisch gedacht, sollte einen neuen Charakter haben, der sich in ihrem Namen „Ejercito popular“, also Volksarmee ausdrückte. Den Kern der neuen Volksarmee bildete ohne Zweifel das schon erwähnte „5. Regiment“. Diese Einheit leitete ihren Namen davon ab, dass es im Militärbezirk Madrid vier Regimenter der alten, sich nun aber neuformierenden Armee gab. Die Bezeichnung „Regiment“ sollte den Grad der Militarisierung und den Unterschied zu einer Miliz deutlich machen. Im „5. Regiment“ machten dann auch Funktionäre der Komintern ihre ersten Erfahrungen mit dem Krieg in Spanien. José Diaz, Generalsekretär der KP Spaniens, hatte empfohlen, dass Funktionäre der Komintern die spanische Regierung über ihre Absicht, internationale Einheiten zu bilden, informieren und die Erlaubnis der Regierung dazu einzuholen. Am 22. Oktober 1936 sprachen der Italiener Luigi Longo, der Franzose Pierre Rebiére und der Pole Stefan Wisniewski zunächst mit Manuel Azaña, dem Präsidenten der Republik, der keine Einwände hatte, aber zu erkennen gab, wie sehr er als Intellektueller den Krieg als Mittel der Politik hasse. Wesentlich komplizierter war das Gespräch mit dem Ministerpräsidenten der Volksfrontregierung, dem linken Sozialisten und ehemaligen Gewerkschaftsfunktionär Largo Caballero. Dieser war ebenso wie die zu dieser Zeit noch mächtigen Anarchisten der Meinung, dass Spanien vor allem Waffen brauche, keine Männer. Dahinter stand aber auch die Befürchtung, dass eine von der Komintern organisierte Armee den schon groß gewordenen Einfluss der KP Spaniens noch verstärken könnte. Letztlich aber gab Caballero durch Kopfnicken wortlos sein Einverständnis und schickte die Abgesandten der Komintern zu Diego Martínez Barrio nach Albacete. Eine Militärorganisation aus dem Nichts Dort waren schon am 14. Oktober die ersten Freiwilligen eingetroffen und was nun begann, war eine Aktion, der man auch nach 80 Jahren nicht die Bewunderung versagen kann. Innerhalb weniger Tage gelang es, wie Luigi Longo später schrieb, „eine Militärorganisation aus dem Nichts“ aufzustellen. Das besorgte eine Handvoll Männer des Organisationskomitees, das aus dem ehemaligen Offizier der Roten Armee Manfred Stern („General Kléber“), dem weltkriegserfahrenen Deutschen Hans Kahle („Jorge Hans“), den Italienern Luigi Longo (später unter dem Namen „Gallo“ Generalinspekteur-Generalkommissar der Internationalen Brigaden) und Giuseppe Di Vittorio („Nicoletti“) und dem französischen Arzt Dr. Jacob Kalmanovitch („Calman“) bestand. Die Leitung übernahm ein Militärkomitee, dem die Franzosen André Marty, Mitglied des Exekutivkomitees der Komintern, und Vidali Gayman („Vidal“) vorstanden. Der frühere Offizier Vidal war zunächst Stabschef, dann der erste Kommandant der neu geschaffenen „Base orgánica de las Brigadas Internacionales“, wie das Verwaltungszentrum in Albacete zukünftig genannt wurde.
Verteidiger Madrids Die erste Brigade, die aufgestellt wurde, enthielt entsprechend der Zählung der Brigaden der Spanischen Volksarmee die Zahl XI. Diese XI. Brigade, zunächst befehligt von Manfred Stern, dann von Hans Kahle, war nicht nur ihrer Kommandostruktur entsprechend die „deutscheste“ aller Internationalen Brigaden, sondern auch von ihrer Zusammensetzung her gesehen, denn zur „Deutschen Sprachengruppe“ wurden neben den Deutschen auch die Österreicher, Schweizer, Skandinavier und Niederländer gezählt. Die XI. Brigade wurde sofort nach ihrer Aufstellung am 4. November an die Front nach Madrid geschickt, wo ihre Angehörigen, von den Madrilenen begeistert empfangen, unmittelbar in die Kämpfe um das Universitätsviertel, den Park Casa de Campo und die Französische Brücke eingriffen. Madrid konnte entlastet werden, aber die Brigade erlitt ernste Verluste. Am 1. Dezember kamen auch Hans Beimler, der Vertreter der KPD in Spanien und Verantwortlicher für die deutschen Kommunisten, und Louis Schuster (Fritz Vehlow), der Politkommissar des Ernst-Thälmann-Bataillons der XI. Brigade, bei einer Inspektion der Front vermutlich durch marokkanische Scharfschützen ums Leben. Am 9. November war in Albacete unter dem Kommando von General Lukacz (das war das Pseudonym des ungarischen Schriftstellers und Weltkriegsoffiziers Máté Zalka) die Aufstellung der XII. Brigade abgeschlossen worden, die ebenfalls an die Front von Madrid ging. Madrid konnte bis zum Ende des Krieges nicht durch die Franquisten eingenommen werden. Dass es dazu nicht gekommen war, verdankte die heldenhaft kämpfende Stadt auch den internationalen Freiwilligen. Gegen den Faschismus, für die Demokratie Inzwischen hielt der Zustrom von Freiwilligen ungebrochen an. Obwohl es sich bei allen um Antifaschisten handelte, waren ihre Motivationen durchaus verschieden. Diejenigen, die aus faschistischen Ländern und Diktaturen kamen, in denen die Arbeiterbewegung Niederlagen erlitten hatten, sahen nun die Chance, den Faschisten mit der Waffe in der Hand entgegentreten zu können. Andere wieder, die die Demütigungen der Emigration erleiden mussten, sahen in einem demokratischen Spanien auch für sich eine Zukunft. Freiwillige aus den bürgerlichen Demokratien folgten dem Ruf ihrer nationalen kommunistischen Parteien. Für sie war der Faschismus vor allem eine Bedrohung der Demokratie. Natürlich spielte auch die Solidarität mit dem spanischen Volk und mit der Spanischen Republik eine überragende Rolle, aber noch wichtiger war wohl die Auffassung, dass wenn der Faschismus in Spanien geschlagen wird, er auch überall besiegt werden kann. „Der Weg nach Berlin führt über Madrid“, ließ Gustav Regler in seinen Erinnerungen Hans Beimler sagen, und dieser Satz steht wohl programmatisch für das, was viele Freiwilligen zu dieser Zeit bewegte und zu den Waffen greifen ließ. Die Freiwilligen kamen auf unterschiedlichen Wegen, manchmal legal, meist illegal auf abenteuerlichen Routen. Sie kamen mit der Eisenbahn, mit dem Schiff oder zu Fuß. Für viele war das Gebäude in der Rue Lafayette, das die KP Frankreichs von der Gewerkschaft CGT gemietet hatte, der erste Anlaufpunkt. Hatten sie Spanien erreicht, wurden sie zuerst nach Figueras gebracht. Die alte Festung der Stadt diente als Sammelpunkt, in dem die Freiwilligen registriert, ihre Personalien überprüft und die Transporte nach Albacete oder direkt an die Front zusammengestellt wurden.
Der 2. Teil und Schluss erscheint in der kommenden UZ
Quelle: „unsere zeit“ UZ, Freitag, 21. Oktober 2016, Theorie und Geschichte, Seite 10

Redaktion KFSR

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