Letzter noch lebender italienischer Freiwilliger im spanischen Bürgerkrieg 1936-1939 an der Seite der Republik, Aurelio Grossi (* 24. Januar 1919), durch den Bürgermeister von Neapel, Luigi de Magistris, mit Medaille der Stadt Neapel am 21. Dezember 2016 ausgezeichnet.

Letzter noch lebender italienischer Freiwilliger im spanischen Bürgerkrieg 1936-1939 an der Seite der Republik, Aurelio Grossi (* 24. Januar 1919), durch den Bürgermeister von Neapel, Luigi de Magistris, mit Medaille der Stadt Neapel am 21. Dezember 2016 ausgezeichnet.

Am Morgen des 21. Dezember 2016 traf sich der Bürgermeister von Neapel Luigi de Magistris mit Aurelio Grossi (* 24. Januar 1919), neapolitanischen Bürger und letzter noch lebender italienischer Freiwilliger, der im Spanischen Bügerkieg 1936-1939 an der Seite der Republik gegen Faschismus und für die Verteidigung der Demokratie kämpfte.

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Der Bürgermeister überreichte Aurelio Grossi die Medaille der Stadt Neapel zusammen mit einer Plakette als Zeichen der Dankbarkeit, der Zuneigung und der tiefen Dankbarkeit für seine unermüdliche Sozialarbeit und großmütige Politik zur fortwährenden Verteidigung von Freiheit und Gerechtigkeit in Spanien während des Bürgerkrieges und in Italien. Zugleich, so Marco Puppini von  A.I.C.V.A.S. – Associazione Italiana Combattenti Volontari Antifascisti di Spagna (Italien), stellt diese Auszeichnung  eine  „Anerkennung für seine Familie dar, die erbitterter politischer Verfolgung durch das nationalsozialistische-faschistische Regime ausgesetzt war, und unaufhörlich dazu beigetragen hat, die Grundsätze der Demokratie und des Friedens und des Aufbaus der Italienischen Republik zu untermauern „.

Bei der Zeremonie anwesend war Aurelios Nichte, die Tochter seiner Schwester Ada, die aus Spanien anreiste – wo sie auch lebt – und eine Fahne der CNT FAI mitbrachte. A.I.C.V.A.S. wurde durch seinen Präsidenten Italo Poma vertreten.

Aurelio Grossi wurde am 24. Januar 1919 in Neapel geboren. Sein Vater Carmine Cesare war Anwalt und Antifaschist, ein Freund von Giacomo Matteotti. Dessen Mutter Maria Olandese wiederum war eine Opernsängerin, die auch am Hofe des russischen Zaren sang. Er hatte eine Schwester, Ada und einen Bruder, Renato. Die ganze Familie wanderte 1926 aus politischen Gründen nach Argentinien aus. Aurelio war erst 17, als im Jahr 1936 die ganze Familie nach Europa zurückkehrte und sich nach Spanien begab, um der bedrohten Republik, die durch den faschistischen Putsch angegriffen wurde, zur Hilfe zu kommen: Der Vater Carmine und Ada, die Schwester von Aurelio und Renato, arbeiteten als Rundfunksprecher bei Radio Libertad in Barcelona, die Mutter Maria als Krankenschwester. Die beiden Brüder Aurelio und Luciano kämpften nicht in den internationalen Brigaden, sondern in der Republikanischen Armee. Aurelio war auch Funker, kämpfte in der Front von Teruel und wurde am Auge verwundet. Als der Krieg vorbei war, wurde er in Gurs und später in Italien interniert, kam ins Gefängnis von Poggioreale und wurde dann zu 4 Jahren „Konfination“ ( Beschränkung des Aufenthalts ) in Melfi verurteilt. Sein Vater und seine Mutter wurden ebenfalls in Frankreich und Italien interniert, während sein Bruder Renato, erkrankt an dauerhaften Nervenleiden, sich medizinischen Experimenten durch das faschistische Regime unterziehen musste, die seine Gesundheit für immer ruinierten. Seine Schwester Ada, die in Gurs und Argeles im Krankenhaus war, heiratete den spanischen Anarchisten Enrico Guzman und kehrte mit ihrem Mann nach Spanien zurück, wo sie jahrelanger  Repression ausgesetzt war.

Nach dem Ende des Krieges bleibt Aurelio Grossi in Neapel, wo er unter wirtschaftlicher Not leidet und sein Engagement zur Verteidigung der Freiheit in keiner Weise durch die italienische Regierung Anerkennung erfährt.

Es ist das Verdienst des Historikers Giuseppe Aragno, die Geschichte von Aurelio und seiner Familie vor einigen Jahren durch intensive Forschungen der Vergessenheit entrissen zu haben. Von Aurelio Grossi und seiner heldenhaften Familie gibt es nur sehr wenige öffentliche Zeugnisse: ein Amateur-Video-Interview mit Ada Grossi von Schülern vor einem paar Jahr gedreht, bevor sie im Sommer 2015 starb. Und eine über Aurelio Grossi veröffentlichte Video-Geschichte, die von seiner Nichte  Sylvia Guzman Grossi unterstützt wurde. Diese erste von Pasquale D’Aiello und Mauro Manna gesponserte Dokumentation wurde co-produziert mit Hilfe A.I.C.V.A.S. und soll  2017 veröffentlicht werden.

Während die italienische Regierung und die höchsten staatlichen Institutionen stets den Soldaten, die gesandt wurden um Spanien zu bombardieren und Franco an die Macht zu verhelfen, mit Auszeichnungen und Pensionen versorgte und versorgt, kam es jetzt zum ersten Mal dazu, dass ein italienischer Freiwilliger an der Seite der Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg eine Auszeichnung erhielt. A.I.C.V.A.S. – Associazione Italiana Combattenti Volontari Antifascisti di Spagna (Italien) dankt dem Bürgermeister Luigi de Magistris, dass er die Sensibilität und Intelligenz aufbrachte auch das zu würdigen, was im Widerspruch zur eigenen Geschichte steht. Nähmlich jene erstmalig zu ehren, die keine faschistische Vergangenheit haben, nicht nach Spanien gingen um mit bedingungslosem Gehorsam und für Geld Angst und Schrecken zu verbreiten. Sondern jene zu ehren, die freiwillig, ohne Geld die demokratie verteidigten und für den Aufbau einer besseren Welt kämpften. Der Bürgermeister ist ein Beispiel dafür, dass man aus Fehlern lernen und Chancen für die Zukunft eröffnen kann.

A.I.C.V.A.S. dankt dem Bürgermeister von Neapel Luigi De Magistris, einem unabhängigen Bürgermeister, der antifaschistischer und linker Ideen, jedoch nicht politischen Parteien verbunden ist und der diese Ehrung der Stadt Aurelio Grossi  noch zu seinen Lebzeiten, schon schwer krank, extrem spät und dennoch zu Teil werden ließ. Es ist ein Akt von großer politischer und historischer Bedeutung. Niemals zuvor hat eine Institution des italienischen Staates eine Auszeichnung an einen freiwilligen Kämpfer an der Seite der Republik im spanischen Bürgerkrieg verliehen. In der Vergangenheit hat Rosa Russo Iervolino, als Bürgermeister von Neapel, der Schwester von Aurelio, Ada, die bei Radio Libertad Sprecherin gewesen war, diese Ehre auch schon zu Teil werden lassen.

Die Schwierigkeit der italienischen Institutionen, die demokratischen Verdienste der freiwilligen italienischen Kämpfer an der Seite der spanischen Republik zu erkennen ist sicherlich das Ergebnis der Politik, die das faschistische Italien im Einsatz gegen die spanische Republik gesehen hat. A.I.C.V.A.S. stellt in einer Erklärung vom 21.12.2016 fest, dass diese Haltung eine demokratische Schwachstelle ist, die überwunden werden muss. „Die Teilnahme an dem Krieg in Spanien 1936-1939 zur Unterstützung der Republik muss als Voraussetzung des langen Kampfes der Befreiung vom Faschismus betrachtet werden, die durch den europäischen Widerstand Kämpfe bestanden hat, die zur Bestätigung der Demokratie in Europa geführt hat.“

Aurelio war noch ein Junge, als er beschloss, sein Leben im Namen der Demokratie zu riskieren.   (Text: Hans-Jürgen Schwebke / Übersetzung: Herbert Grießig)

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Redaktion KFSR

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