Buchenwald 2018 – Gedenken an die Selbstbefreiung der Häftlinge vor 73 Jahren. Von Dr. Artur Pech, Schöneiche

Titelfoto: Gabriele Senft

Buchenwald 2018 – Gedenken an die Selbstbefreiung der Häftlinge vor 73 Jahren

Von Dr. Artur Pech, Schöneiche

Am 11. April meldete sich kurz vor sechs mein Wecker. Da sollte für mich ein Tag ohne Hektik beginnen, denn auf meinem Programm stand das Gedenken zum Jahrestag der Selbstbefreiung in der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald. Wieder aufzurufen war der vor 73 Jahren gesprochene Schwur von Buchenwald:

„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.
Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Dann aber kreuzten sich  an diesem Tage auf eigenartige Weise die Spuren deutscher und europäischer Geschichte und Ereignisse aktueller Politik.

Wenige Stunden zuvor hatten die USA, Frankreich und Großbritannien Syrien angegriffen. Staaten, die zu den Siegermächten des zweiten Weltkrieges gehört hatten, setzten sich in schlechtester imperialistischer Manier über das Völkerrecht hinweg. Auch das bezeugt, dass das Ziel einer Welt des Friedens noch nicht erreicht ist. Und natürlich wurde dieses Ziel im von der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald – Dora und Kommandos ausgerichteten Treffen der Nachkommen erneut eingefordert.

Aber der Schwur von Buchenwald kam noch auf andere Weise zur Sprache. Nach einem Schriftsatz des Hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz soll die VVN-BDA die „freiheitlich demokratische Grundordnung“ gefährden, weil sie sich auf den Schwur von Buchenwald beruft.

In der Rede von Günter Pappenheim, Vorsitzender des Lagerkomitees Buchenwald-Dora und Kommandos, gab es auf diese Konstruktion eine treffende Entgegnung. Mir erscheint hier aber noch ein weiterer Zusammenhang wesentlich.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat sich über Jahrzehnte der Auseinandersetzung mit der faschistischen Vergangenheit seiner Kader verweigert. Selbst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 19.03.2009 war noch zu lesen „Im Bundeskriminalamt, beim Bundesnachrichtendienst und möglicherweise auch beim Bundesamt für Verfassungsschutz prägten alte Kameraden von Wehrmacht und SS in den ersten 20 Jahren den Arbeitsstil, bestimmten die Ausbildung, hielten ungerührt Elemente der NS-Ideologie in Ehren… Beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hielt man bis vor einem Jahr wenig davon, mit der Amtsgeschichte ins Reine zu kommen.“[1]

So wurde dann auch abgewartet, bis die letzten Altnazis sich lange in ihre teils im Nazireich erworbenen Pensionen verabschiedet hatten, bevor in einem Geschichtsprojekt „Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die NS-Vergangenheit 1950-1975“ untersucht wurde.[2]

Die Rede ist von einem „Anteil der ehemaligen Mitglieder in der NSDAP und anderen NS-Organisationen mit etwa 25 bis 30 Prozent.

Es sind die Nachfahren dieser Nazikader, die heute in der Bundesrepublik Deutschland Schriftsätze verfassen, mit denen die Verfolgung antifaschistische Organisationen begründet wird.

Zum Programm des Wochenendes gehörte neben dem Treffen der Nachgeborenen auch eine wieder eine Baumpflanzung zur Erinnerung an Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald. Bei einer solchen Baumpflanzung hatte ich vor drei Jahren Kamil Majchrzak kennengelernt. Er sprach bei der Pflanzung eines Baumes für seinen Großvater und berichtete über die Angriffe von Neonazis, denen er während seines Studiums in Frankfurt (Oder) ausgesetzt war.

Diesen Bericht hatte ich dann in unsere Broschüre über die Oder-Neiße-Grenze aufgenommen. Er ist auch in der zweiten Auflage aus dem Jahre 2017 enthalten. Es ist schon bedrückend zu lesen, wie junge Neonazis ihre Vorläufer nachahmen.

Dem wirksam entgegen zu treten erfordert neben dem Wissen um historische Zusammenhänge auch Wachsamkeit gegenüber aktuellen politischen Entwicklungen.

Soweit meine Kräfte reichen, werde ich mich sowohl an der Vermittlung dieses Wissen auch an der Entwicklung der notwendigen Wachsamkeit beteiligen.

Artur Pech
Schöneiche

[1] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/vergangenheitsbewaeltigung-beim-verfassungsschutz-braune-kellergeister-1922025.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0

[2] https://www.verfassungsschutz.de/de/das-bfv/geschichtsprojekt-bfv/ergebnisse-geschichtsprojekt/ergebnissynopse-2015-01

 

Fotos: Gabriele Senft

Redaktion KFSR

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