Es ist höchste Zeit, die Rentenzahlungen an Hinterbliebene aller ausländischen Nazikollaborateure einzustellen. (nd, 7.2. / jW, 11.2.17) Von Hans-Jürgen Schwebke, Verantwortlicher für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des KFSR 1936-1939 e. V.

Es wird Zeit, dass das Unrecht endlich aufhört

Leserbrief zu »Monoton klickt das Metronom«, 27.1., S. 3

Karlen Vesper schildert mit bewegenden Worten und Selbstzeugnissen von Überlebenden das Grauen vom September 1941 bis zum Januar 1944 während der Blockade von Leningrad. Der Mord an einer Zivilbevölkerung ist ein Kriegsverbrechen.

Bei dieser Gelegenheit soll auch daran erinnert werden, dass die Bundesregierung den Angehörigen der spanischen faschistischen »Blauen Division«, die an der Seite der deutschen Wehrmacht unter anderem auch an der Blockade Leningrads teilnahm, jahrzehntelang Renten zahlte und überlebenden Familienangehörigen auch heute noch zahlt. Eine parlamentarische Anfrage im Bundestag bekam zur Antwort, es sei nicht bekannt, dass die »Blaue Division« an Kriegsverbrechen teilgenommen habe. Mehr noch, dass die Bundesregierung nicht die Absicht habe, die Praxis der Versorgungszahlungen an ehemalige Mitglieder der »Blauen Division« abzuschaffen. Es ist höchste Zeit, die Rentenzahlungen an Hinterbliebene aller ausländischen Nazikollaborateure einzustellen.
Hans-Jürgen Schwebke, Verantwortlicher für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des KFSR 1936-1939 e. V.

Quelle: neues deutschland (nd), Berlin-Ausgabe vom Dienstag, 7. Februar 2017, Seite 18

Unrecht endlich beenden

Leserbrief zum Artikel Zeitzeugen: Die unbeugsame Stadt vom 04.02.2017:

»Möge keiner vergessen werden, möge nichts vergessen werden«, so die Inschrift des Gedenkens auf dem Friedhof Piskarkoskoje. Von Zehntausenden der Opfer in den 186 Massengräbern sind nicht einmal mehr die Namen bekannt. Danke der jungen Welt für die einfühlsame und beeindruckende Reportage. Aufgabe antifaschistischer Politik muss es auch sein, kein Verbrechen des Faschismus dem Vergessen zu überlassen. Die 871 Tage dauernde deutsche Blockade von Leningrad mit dem kalkulierten Tod der Zivilbevölkerung auch durch Hunger und Kälte war ein solches Verbrechen, ein Kriegsverbrechen, dem die unvorstellbare Zahl von 1,2 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Erinnern wir uns an den Hitler-Befehl vom 29. September 1941 (Geheimdokument C-124). Dort heißt es: »Der Führer ist entschlossen, die Stadt Petersburg vom Erdboden verschwinden zu lassen … Wenn die Kapitulation der Stadt angeboten wird, ist dies abzulehnen. Sich aus der Lage der Stadt ergebende Bitten um Übergabe werden abgeschlagen, da das Problem des Verbleibens und der Ernährung der Bevölkerung von uns nicht gelöst werden kann und soll.« Bei dieser Gelegenheit soll auch daran erinnert werden, dass die Bundesregierung den Angehörigen der spanischen faschistischen »Blauen Divisionx, die an der Seite der deutschen Wehrmacht unter anderem auch an der Blockade Leningrads teilnahm, jahrzehntelang Renten zahlte und überlebenden Familienangehörigen auch heute noch zahlt. Eine parlamentarische Anfrage im Bundestag bekam zur Antwort, es sei nicht bekannt, dass die »Blauen Division« an Kriegsverbrechen teilgenommen habe. Mehr noch, dass die Bundesregierung nicht die Absicht habe, die Praxis der Versorgungszahlungen an ehemalige Mitglieder der »Blauen Division« abzuschaffen. Erinnern wir! Aus Dankbarkeit für die Unterstützung des Putsches der reaktionären Generäle gegen die Spanische Republik durch die faschistischen Staaten Deutschland und Italien schickte General Franco nach dem Überfall auf die UdSSR die »Blaue Division«, von deren Angehörigen nach dem Abzug von der Front eine größere Anzahl in die Waffen-SS eintraten und an deren Verbrechen beteiligt waren. Der spanische Diktator Francisco Franco hatte die Einheit der Freiwilligen unmittelbar nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion 1941 aufgestellt und zur Unterstützung der Naziwehrmacht an die Ostfront geschickt. Beteiligt waren die Spanier unter anderem an der fast 900 Tage dauernden Blockade Leningrads.
Es ist höchste Zeit, die Rentenzahlungen an Hinterbliebene aller ausländischen Nazikollaborateure einzustellen. Aus Steuergeldern aller, also auch deutscher Kommunisten, Antifaschisten, Humanisten und Opfer das Naziregimes und ihrer Hinterbliebenen, wird bis zum heutigen Tag an ihre Peiniger gezahlt. Wie Ulla Jelpke, MdB (DIE LINKE) jüngst von der Bundesregierung zur Antwort bekam, werden Nazikriegsverbrecher, auch jene ca. 100.000, die nachweislich in KZ oder verbrecherischen Polizeieinheiten Dienst getan haben, immer noch nicht von dem Leistungsbezug ausgeschlossen. Es sind jene, über die Neus Catalá (102), überlebende spanische Widerstandskämpferin, die nach dem Sieg Francos über die Spanische Republik, wie so viele, nach Deutschland deportiert wurde, aus dem KZ Ravensbrück so eindrücklich schilderte: »Gleichzeitig sahen wir eine Möglichkeit, die Résistance fortzusetzen: nicht zu produzieren und die Bewaffnung der Nazis mit allen Mitteln zu sabotieren. Wenn sie uns überraschten, würden wir des Hochverrats angeklagt, gefoltert, an Händen und Füßen oder am Kinn an einem Fleischerhaken aufgehängt, ein langsamer und bitterer Tod, weil du nicht verblutest. Das Beste, was du tun konntest, war, dich zu bewegen, so sehr du konntest, damit der Fleischerhaken, ohne zu stoppen, bis in dein Gehirn drang. So wurden Mimi aus Pau, Françoise aus Paris und eine sowjetische Frau wegen Sabotage hingerichtet, im Hauptlager Flossenbürg.« Wir fordern die sofortige Beendigung des Stillschweigens, der Ignoranz der Bundesregierung gegenüber dieser skandalösen Praxis deutscher Beamter und Politiker. Das gilt auch für die Verrechnung der vom Russischen Staat gezahlten monatlichen Ehrenrente von 100 Euro an die Opfer der Leningrader Blockade, die denen, die in Deutschland leben, gegen die wegen der viel zu kleinen Rente gezahlte Grundsicherung verrechnet wird.
Hans-Jürgen Schwebke, Verantwortlicher für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des KFSR 1936–1939 e. V.

Quelle: „junge Welt- online“: https://www.jungewelt.de/aktuell/rubrik/leserbriefe.php?letterId=36727

Quelle: junge Welt, Aus: Ausgabe vom 11.02.2017, Seite 14 / Leserbriefe

Redaktion KFSR

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