„Geschichten am Leben erhalten“ – „Niederländisches Parlament nennt in einem feierlichen Akt ein Eckzimmer des Binnenhofes 7 nach Interbrigadisten, Widerstandskämpfer, dem Kommunisten Gerrit Kastein“

Wie uns Rien Dijkstra von Stichting Spanje 1936 – 1939 informierte, wurde „einer der bedeutendsten kommunistischen Widerstandskämpfer und Interbrigadist Gerrit Kastein nach über 70 Jahren an jenem Ort offiziell geehrt, an dem er Selbstmord beging, um sicher zu gehen, das er keinen Verrat an seinen Freunden des Widerstandes gegen Nazi-Deutschland, die in den Folterkammern saßen, begehen kann.“ Gerrit Kastein wurde 32 Jahre alt und postum mit dem Widerstandskreuz der Niederlande geehrt.

 „Geschichten am Leben erhalten“

„Niederländisches Parlament nennt in einem feierlichen Akt ein Eckzimmer des  Binnenhofes 7 nach Interbrigadisten, Widerstandskämpfer, dem Kommunisten Gerrit Kastein“

Am 20. Juni 2017, wurde ein kleines Eckzimmer im zweiten Stock  des Courtyard (Binnenhof) 7, Den Haag, nach dem Interbrigadisten und Widerstandskämpfer dem Kommunisten Gerrit Kastein umbenannt. Das Parlament ehrte in Anwesenheit seines Vorsitzender Khadija Arib, der Tochter und Enkelkinder von Gerrit Kastein und dessen Biographen und Autoren Buck Goudriaan einen aufrechten Menschen, der sein Leben opferte um seine Kameraden im Widerstand gegen die verhassten faschistischen deutschen Besetzer nicht zu verraten. Um seine besondere Geschichte im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit zu verankern, so das Parlament in einer Pressemitteilung, wurde das Eckzimmer am 20. Juli 2017 offiziell in „Kasteinkammer“ umbenannt.

Parlamentspräsident Khadija Arib: „Der Hof ist nicht nur das Herz unserer Demokratie, sondern auch ein Haus voller Geschichten, die uns an die Zeit erinnern, da die Demokratie von den Deutschen missachtet, verletzt und mit Füßen getreten wurde. Und sie berichten von Helden wie Gerrit Kastein, der den Mut hatte, sich zu widersetzen und bereit war dafür zu sterben. Diese Geschichten müssen wir am Leben erhalten.“

Biographische Skizze: Gerrit Kastein

Dr. Gerrit Willem Kastein (25. Juni 1910 – 21 Februar 1943) war niederländischer Kommunist, Neurologe, Arzt in einem niederländischen Team im Spanischen Krieg 1936-1939 und führender Widerstandskämpfer im Zweiten Weltkrieg.

Kastein wurde in Zutphen als ältester Sohn von Albertus Gerhardus Kastein und Gerdina Leurink geboren. Er studierte von 1927 Medizin an der Universität von Groningen und wurde Neurologe. Er  absolvierte 1933 ein Praktikum in der Psychiatrisch-Neurologischen Klinik der Universität Heidelberg. Hier traf er seine zukünftige Frau Ria Sachse.Er war verheiratet und hatte zwei Kinder.

In den 30er Jahren wurde Kastein glühender Kommunist, der oft Reden hielt. Vor diesem Hintergrund wurde er von den niederländischen Behörden beobachtet.

Während des Spanischen Bürgerkrieges 1936 – 1939 schloss er sich im Herbst 1936 den Holländischen Krankenwagen Teams an, um als Arzt verwundeten Zivilisten und Soldaten der Volksfront medizinische Hilfe in Spanien zu leisten. Unmittelbar nach seiner Rückkehr wurde er von der sozialdemokratischen Zeitung Vorwärts interviewt. Kastein berichtete, dass  das Team vom katalanischen Gesundheitsministerium empfangen und mit dem Zug nach Barbastro dem zentralen Punkt, wo der Generalstab der Arragonfront lag, eingeladen wurde. Von dort ging es zu ihrer ersten Station, dem Dorf Cortillas, das sich 60 km von der französischen Grenze entfernt auf 1.600 Meter Höhe in den Pyrrinäen befand. Mit eigenen Ressourcen, so Kastein, wurde eine Schule als temporäres Krankenhaus eingerichtet mit wenigen Betten aber ausreichend Bahren. Immer wieder waren sie auch mit den Faschisten konfrontiert worden, die die Stellungen der Helfer und Soldaten der Volksfront erkundeten. Die Mitglieder des niederländischen Krankenwagenteams wurden in einer Kaserne der Guardia Civil untergebracht. Im Dezember 1936 verließ Kastein Spanien über Madrid mit dem Schnellzug nach Paris.

Nach seiner Rückkehr in die Niederlande gab er dem Freund und Kommunisten Arie Kloostra während eines Aufstandes in Den Haag medizinische Hilfe und schloss sich ihm später im niederländischen Widerstand an. Kastein war ein überzeugter Gegner des Rassismus und schrieb zu diesem Thema auch ein Buch. auch

Unmittelbar nach der holländischen Kapitulation trat Kastein dem niederländischen Widerstand bei. Am 17. Mai 1940 besuchte er die Gründungsversammlung der Haager Niederlassung der illegalen CPN, im Haus von Toon van der Kroft. Während des Treffens wurde die Spark Group gegründet. Kastein war auch einer der Initiatoren des medizinischen Widerstandes. Kasteins Sympathien und Aktivitäten kamen unter Verdacht, und der erste Versuch, ihn zu verhaften, war am 2. September 1941 scheiterte. Vorgewarnt, konnte er untertauchen.

Kastein bildete die kommunistische niederländische Widerstandsgruppe CS-6, benannt nach ihrer Adresse Corellistraat 6 in Amsterdam.  Kastein entschied sich, auch eng mit nichtkommunistischen Widerstandsgruppen zusammen zu arbeiten. Er sammelte umfangreiches Bildmaterial über die deutsche Küstenabwehr an der niederländischen Küste und schickte sie mit einem neutralen schwedischen Schiff über Göteborg an die niederländische Regierung im Exil in London. Er erhielt einen Kontakt zum Niederländer Anton van der Waals, der ein Doppelagent für den Sicherheitsdienst (SD) war. Das bedeutete, dass die Deutschen eine Kopie des Films erhielten und ihn vor der Weiterleitung über Kees Dutilh manipulierten.

Am 19. Februar 1943 wollte sich Kastein mit dem CS-6-Mitglied Piet Wapperom im Parlamentsgebäude, Delft,  treffen. Allerdings war Wapperom vom Sicherheitsdienst (SD) Rotterdam in Utrecht verhaftet worden, wo dieser bei einer späteren Durchsuchung seiner Diensträume ein Notizbuch mit Details des Treffens mit Kastein fand. Kompromittiert, stimmte Wapperom zu, zu kooperieren und sicherte, dass er nicht entkommen konnte. Nach dem Erscheinen im Parlamentsgebäude, wie es zu 10:00 Uhr vereinbart wurde, konnte  Kastein verhaftet werden. Nach mehreren Fluchtversuchen, bei denen Kastein zwei SD-Angehörige erschoss, wurde er schließlich zum Binnenhof des Parlaments, Delft, gebracht. Gerrit Kastein war sich bewußt, dass er gefoltert würde um aus ihm Informationen herauszupressen, die andere Untergrundkämpfer und Widerständler verraten könnten. In einem Vernehmungsraum, einem Eckzimmer im zweiten Stock des Binnenhofes verbracht und an einem Stuhl gefesselt, sprang Kastein während der Zeit, in der er allein gelassen wurde, durch ein geschlossenes Fenster im zweiten Stock, während er noch auf dem Stuhl gefesselt war. Er schlug auf, brach sich seinen Schädel und starb ein paar Stunden später in einem Krankenhaus an der Südwand in Den Haag. Ein Kollege Kasteins aus einem anderen Krankenhaus und die Frau eines anderen Kollegen besuchten ihn und waren Zeugen seiner Verletzungen und des Todes.

Redaktion KFSR

Redaktion KFSR