Joris Ivens in der DDR: Wie eine Neufassung des Filmes entstand, den Ivens im Spanischen Bürgerkrieg mit Ernest Hemingway gedreht hatte. Von Günter Jordan.

Titelfoto: Während des spanischen Bürgerkriegs: Kurt Stern als Politkommissar der XI. Internationalen Brigaden (mit Martha Gellhorn). Foto: picture-alliance / akg-images

Dann sehe ich die Linie
Joris Ivens in der DDR (Teil 3 und Schluss): Wie eine Neufassung des Filmes entstand, den Ivens im Spanischen Bürgerkrieg mit Ernest Hemingway gedreht hatte
Günter Jordan

Joris Ivens (1898–1989) war einer der bedeutendsten Dokumentarfilmer des 20. Jahrhunderts. Vergleichsweise wenig ist über sein Schaffen in den Jahren 1947 bis 1956 bekannt, die er zu großen Teilen in der Tschechoslowakei, Polen und der DDR verbrachte. In der DVD-Box »Joris Ivens Weltenfilmer« (2009) fehlen die Werke aus jenen Jahren, in Ivens’ Autobiographie »Die Kamera und ich« (1969) werden sie auf zwei von 200 Seiten abgehandelt. Mit dem Erscheinen des Buchs »Unbekannter Ivens« von Günter Jordan soll diese Lücke geschlossen werden. Die DEFA-Stiftung hat das Manuskript mit einem Stipendium gefördert. Ein Erscheinungstermin steht noch nicht fest. Für die jW hat der Filmhistoriker und Regisseur einige Auszüge eingerichtet und redigiert (Quellen im Originalmanuskript belegt). (jW)

Im Jahre 1960 wurde beschlossen, eine deutsche Fassung von Joris Ivens’ »The Spanish Earth« (1937) herzustellen. Doch was wusste das Publikum vom Spanischen Bürgerkrieg und von Ivens? Eine kleine Einführung konnte nützlich sein. Regisseur Alfons Machalz plädierte im Frühsommer 1960 im Beisein von Ivens dafür, dem DDR-Publikum den Film durch einen Prolog von drei bis fünf Minuten Länge nahezubringen. Ivens stimmte dem zu, überzeugt davon, dass der Film nach 25 Jahren und noch dazu für Deutschland einiger Ergänzungen und Aktualisierungen bedurfte und sie auch vertrug. »Spanische Erde« sollte im Ganzen unverändert bleiben, im Kommentar von Ernest Hemingway sollte allenfalls die Terminologie an das zeitgenössische Verständnis angepasst werden, beim Stil von Hemingway wollte man es belassen.

Ivens kannte die Sitten des Landes und die Riten der kommunistischen Bewegung. Der Auftritt Gustav Reglers* würde aus dem Film entfernt werden müssen. Gewiss ein schmerzhafter Schnitt – aber der weiterhin große Film käme mit neuen Kopien nicht nur in der DDR zur Aufführung, sondern in allen sozialistischen Ländern, einschließlich Jugoslawien, China, Vietnam und Kuba. Vielleicht konnte der alte Film eine Rolle im neuerlichen Kampf um Spaniens Freiheit spielen. Also ließ er sich auf die Arbeit ein.

»Spanische Erde« sollte organisch um einen Prolog und einen Epilog aus Archiv­material erweitert werden. Ivens war bereit, wie bei »Mein Kind« und »Die Windrose« (siehe Teil 1, jW vom 14.1.2017) die künstlerische Oberleitung zu übernehmen. Die Regie sollte bei Alfons Machalz oder Jochen Hadaschik liegen. Diese ehemaligen Assistenten waren in der Lage, Ivens’ Stil zu treffen. Für die Übersetzung und das Verfassen der neuen Texte wurde der Schriftsteller Kurt Stern gewonnen. Für die Herstellung der Kopien stand ein Dup-Negativ aus dem Privatbesitz von Ivens zur Verfügung; für Musik und Geräusche wollte er detaillierte Anweisungen geben.

Die vertraglichen Vereinbarungen mit Ivens (Rechte, Mitarbeit usw.) wurden vorbereitet. DEFA-Außenhandel forderte als Hauptauftragnehmer Rechtssicherheit ein, »um bei einem eventuellen Einsatz keine Schwierigkeiten zu haben«. Ivens übertrug ihm auf unbeschränkte Zeit die Auswertungsrechte für die sozialistischen Länder und Jugoslawien im Normal- und Schmalfilmformat sowie für das Fernsehen. Der Vertrag berechtigte den Lizenznehmer, »den Film zu bearbeiten und insbesondere zu kommentieren und zu erweitern«. Die Arbeit konnte beginnen.

Die Synchronisation besorgte Alfons Machalz. Er war gewarnt durch die Vorführung des Films auf der II. Leipziger Kultur- und Dokumentarfilmwoche 1956. Dort lief die englische Originalfassung, der Ton wurde ausgeblendet und eine Übersetzung eingesprochen, für die der Kritiker der Welt, Will Wehling, nur das Urteil »Hemingway volksdemokratisch« übrig hatte. Fünf Jahre später sollte die Übersetzung nicht nur textgetreu sein, man wollte »ganz hart beim Stil von Hemingway« bleiben. Woran sich die Frage anschloss, wer den Hemingway geben, also der Sprecher sein könnte. Justament im November 1960 hatte »Fünf Patronenhülsen« (Regie: Frank Beyer), der im Spanischen Bürgerkrieg spielte, Premiere gehabt. Danach galt Manfred Krug für Machalz als gesetzt. Nur er kam als Sprecher in Frage. Krug aber lehnte ab: »Ich habe keine Zeit.« Machalz: »Das ist ein Film von 1938 von Joris Ivens, Ernest Hemingway hat den Text geschrieben und spricht ihn selbst. Das soll synchronisiert werden. Ich brauche einen, der in Hemingways Art …« Krug unterbrach ihn: »Das mache ich.«

Die Sprachaufnahme sollte Mitte Juni 1961 stattfinden. In dieser Zeit weilte Krug bei Außendreharbeiten für den DEFA-Spielfilm »Auf der Sonnenseite« (1962, Regie: Ralf Kirsten) im Kraftwerk Vetschau. Zwei Tage lang war die Telex-Leitung zwischen Berlin und dem Drehort wegen der Terminabsprachen nahezu blockiert. Die Sprachaufnahmen wurden dann binnen drei Tagen im Studio gemacht, jeweils von abends bis nach Mitternacht. Als Mischtonmeister Hans-Jürgen Mittag wieder einmal sein O. k. für einen Take gab, erwiderte Krug, als müsste er sich selber toppen: »Nein, noch einmal, das kriegen wir noch besser.« Krug, herausgefordert von Hemingway. Der blieb die Referenz für den Zuschauer: Mit seiner Stimme fing der Film an, Krug setzte später ein, während Hemingways Stimme noch eine Weile drunterlag.

An der Vertonung der neuen Texte sollten deren Verfasser Kurt und Jeanne Stern beteiligt sein. Zunächst deckten sich die Auffassungen des Schriftstellerpaars zur Gestaltung des Prologs und des Epilogs mit denen von Ivens und Machalz, doch die Meinungsverschiedenheiten nahmen zu, bis sie unüberbrückbar waren. Auf die Forderung der Sterns, man müsse alles ganz anders und viel besser machen, hatte Machalz nur eine Antwort: »Wir haben doch einen Film. Einen besseren gibt es nicht!« Im Oktober 1961 erklärte Machalz seinen Ausstieg aus dem Projekt. Ivens war zu diesem Zeitpunkt in Kuba und konnte keinen Einfluss nehmen. Als er im November zur Dokumentarfilmwoche nach Leipzig kam, waren die Messen bereits gesungen.

Eine filmisch ebenbürtige Brücke in die Gegenwart zu schlagen, darein setzten die Sterns ihren ganzen Ehrgeiz. Das hatte viele Gründe. Kurt Stern hatte am Spanien­krieg als Politkommissar der XI. Inter­nationalen Brigade teilgenommen. Er war Redakteur der Zeitung der Internationalen Brigaden gewesen, seine Frau Jean ne Korrespondentin der Agencia España. Während der Jarama-Schlacht im Februar 1937 begegnete Kurt Stern Joris Ivens, der einen tiefen Eindruck hinterließ. »Er war der erste Holländer, dem ich südlich der Pyrenäen begegnete. Und er war anders als die meisten. Natürlich nicht, weil er Holländer, sondern weil er Joris Ivens war, ein Mensch, der einem schon nach den ersten paar Worten vertraut vorkommt wie ein alter Bekannter. Klug fragend, verständnisvoll zuhörend von einer unvermittelt intimen Herzlichkeit im Blick, in der Stimme, im Lachen und im Ernstsein. Mitten im Getümmel als Künstler ein Soldat, als Soldat ein Mensch, als Mensch den Menschen ein Freund.« Ivens’ Spanienfilm sah Stern erst viel später. »Und da fand ich nicht nur Spanien wieder und den Spanienkrieg und Joris, so wie ich ihn bei der Arganda-Brücke erlebt hatte, sondern entdeckte neu, was ich dummer Tor am Jarama-Fluss noch nicht wusste: einem wie großen Künstler ich da über den Weg gelaufen war.« Daraus entstand Freundschaft, Vertrauen. »Wo immer ich seinen warmherzig oder verschmitzt oder unternehmungslustig lächelnden Blick entdeckte – in Paris und Prag, in Moskau, Berlin und Havanna – da fühlte ich mich geborgen: Joris ist da, mit ihm kann ich über alles sprechen – er versteht mich; ihm kann ich die heikelsten künstlerischen, politischen, philosophischen Fragen stellen – wohlwägend tastet er sich zu einer gültigen Antwort vor.«

Zudem hatte sich Kurt Stern Anfang der 60er Jahre nicht nur als literarischer Übersetzer hervorgetan (u. a. Vercors, »Das Schweigen des Meeres«, 1949), sondern auch Meriten mit Drehbüchern zu zeitgeschichtlichen DEFA-Spielfilmen erworben (»Das verurteilte Dorf«, 1952, Regie: Martin Hellberg; »Stärker als die Nacht«, 1954, Regie: Slatan Dudow; »Das Leben beginnt«, 1960, Regie: Heiner Carow). Die Sterns ergriffen hier nun die Chance, sich in einer neuen Gattung auszuprobieren, bei einem ureigenen Thema, und ließen nicht mehr los. »Seit dieser Zeit lebt Spanien in uns und der Wunsch, einen Film über dieses tapfere Volk zu gestalten.«

Und noch etwas kam hinzu. Schon eingebunden in die Arbeit am Spanienfilm, hatte Kurt Stern im Neuen Deutschland auf einen Beitrag von Slatan Dudow hin gefragt, was die Verantwortlichen daran hindere, interessante und gute Filme zu machen. Sterns Sätze gingen ein in den Zitatenschatz künftiger Debatten. »Weder der klangvolle Name eines Künstlers, noch das ästhetische Urteil eines Politikers, noch die offizielle Anerkennung eines Werkes dürfen uns Vorwand sein zu schweigen. Wir müssen sagen, was wir denken. […] Wir müssen heraus aus der provinziellen Enge. […] Die Angst, unserer Sache zu schaden, schadet unserer Sache. […] Entscheidend ist nicht, was man uns verbietet oder erlaubt, entscheidend ist unsere eigene schöpferische Kühnheit oder Trägheit.« Es ging um den Ruf der DEFA, es ging »um die Filmkunst, die wir lieben, nicht nur, weil sie eine so wirksame Waffe sein kann, sondern weil es die Filmkunst ist«. Hierin traf er sich mit Ivens. Das neue Projekt musste zeigen, wie ernst es ihm war und wie kühn er selber sein konnte.

Die Materialsuche gestaltete sich aufwendiger, kostspieliger und zeitraubender als gedacht. Alle nur denkbaren Verbindungen wurden ausgelotet. Zwischen Berlin und Paris, Havanna, Prag, Peking, Santiago gingen Telegramme und Briefe hin und her. Wo immer er war, forschte Ivens bei den Kollegen nach Spanien-Material (»Ich habe in Paris mobilisiert, was ich konnte«). Er bat um Zusendung der ersten Textversion nach Havanna (»Dann sehe ich die Linie und kann vielleicht noch mit Rat dienen«) oder stärkte »seinen« Berlinern den Rücken: »Ich weiß, dass die Arbeit schwierig ist, aber überall, hier auch. Immer kommt es nicht ganz genau, wie man sich gedacht hat, aber wir sind Aktivisten für die beste Sache der Welt, also können wir auch alle Schwierigkeiten bekämpfen.«

Inzwischen war das Jahr 1962 angebrochen und der Film nicht weiter gediehen. »Da der Realteil über Spanien nicht so gedreht werden konnte wie beabsichtigt, musste von den Autoren eine neue Konzeption erarbeitet werden«, teilte der Produktionsleiter dem Studiodirektor mit. »Um den Widerstandskampf der breiten Masse in Spanien deutlich zu machen, musste auf Realaufnahmen zurückgegriffen werden, die nur in Dresden mit den dort lebenden spanischen Emigranten möglich waren.« Die gleichen Exilspanier, mit denen Karlheinz Mund drei Jahre später »Canto de Fé – Gesang einer Hoffnung«(1965) drehen würde. Sterns Aufnahmen, als Verfahren indiskutabel, waren so gedreht und mit anderem Material montiert, als wären sie in Spa­nien entstanden. Am Ende war nicht nur Machalz aus dem Rennen; sondern auch weniger Ivens drin. Die Malaise waren die Kürzungen.

Kurt Stern hatte noch feierlich geschworen: »Da es uns nicht um fünf Minuten Zeitgewinn geht, möchte und werde ich keine Kürzungen vornehmen.« Da liefen bereits unheilige Gespräche unter Kulturfunktionären in Berlin. Es war völlig unklar, warum sich die Obrigkeit an einem klassischen Film, den die ganze Filmwelt kannte, derart vergriff. Der eingangs erwähnte Schnitt der Szene mit Regler war als Sanktion nach DDR-Regularien noch nachzuvollziehen. Über die anderen Schnitte wurde Ivens telefonisch in Kenntnis gesetzt. Ivens: »Es sind sechs Minuten Kürzungen gemacht, obwohl ich gebeten hatte, es nicht zu tun. Aber mit Kürzungen ist es durch die Abnahmekommission gegangen. ›Alors un fait accompli‹ on dit ici (eine vollendete Tatsache, wie man bei uns sagt), und jetzt steht der schnelle Vertrieb auf dem Spiel, man soll Spanien helfen. Also ich habe Kurt (…) heute telegraphiert, [der] Kommission zu sagen, dass ich einig bin. Ich kann nicht viel anderes machen. Es gilt jetzt Spanien zu helfen, das ist alles. Und ich möchte nicht mehr über die Kürzungen sprechen.« Selbstverleugnung der Sache zuliebe. In Wirklichkeit waren es 15 Minuten, die den Eingriffen zum Opfer fielen.

Zensur war ein behördlicher Eingriff aus politischen, militärstrategischen oder geheimdienstlichen Gründen. Wenn aber Filmemacher Filme von Kollegen zerschnitten, kürzten, umstellten, war das ein willkürlicher Bruch mit den Spielregeln, diskreditierte die Zunft und düpierte das Publikum. Aus Santiago schickte Ivens »alle, alle besten Wünsche für den Erfolg des Spanienfilms« und bat um Mitteilung: »Wie der Film jetzt aussieht. Wie und wann die Uraufführung war. Wie der Erfolg in Leipzig ist.« Zum Endergebnis hat sich Ivens nicht geäußert. Man kann davon ausgehen, dass er den fertigen Film nicht gesehen hat. Aus seinem Werk hatte er ihn jedenfalls schon ausgebucht.

Das Studio konzedierte den Filmschöpfern, »den nahezu klassischen Dokumentarfilm ›Spanische Erde‹ von Joris Ivens und Ernest Hemingway für das heutige Publikum auf neue Art lebendig werden zu lassen«. Mit Prolog und Epilog sei der Versuch geglückt, einen »alten« Film in unsere Zeit zu stellen und wirken zu lassen. »Besonders hervorzuheben sind die gelungenen Bildmontagen sowie die Einheit von Bild, Kommentar und Musik, die große emotionale Wirkung hervorruft.« Emotionalität und Vermeidung didaktischen Geschichtsunterrichts seien die Vorzüge des Werks.

Zwar kam der Film in den vier Wochen nach dem Kinostart im Oktober 1962 nur auf 36.459 Zuschauer, dafür reüssierte er im Ausland. Bei einer internen Vorführung in Berlin waren der italienische Regisseur Tinto Brass und sein Produzent zugegen. Kurt Stern: »Der Produzent erklärte nicht nur, dass sie einen in Ita­lien begonnenen Film über Spanien sofort abbrechen würden, weil sie mit unserem Film nicht konkurrieren könnten; er war auch drei Tage später bei der DEFA […] und wollte unseren Film für Italien kaufen.« DEFA-Außenhandel hatte aber nur die Rechte für die sozialistischen Länder, nicht für die kapitalistischen. So interessant und wichtig »Unbändiges Spanien« für die Landsleute in der DDR war, noch wichtiger war der Film für die Solidaritätsbewegung in der ganzen Welt. Dafür war insbesondere eine spanischsprachige Fassung nötig. Stern war bereit, eine solche Fassung vorzubereiten. Das löste aber nicht die Rechtefrage. Auf einmal hieß es wieder: Joris, hilf! Bei einem Gespräch mit ihm in Berlin Anfang August 1962 kam Klarheit in die Sache.

Rechte und Negativ von »The Spanish Earth« waren seinerzeit, in Ivens’ Erinnerung etwa 1939, an Brandon Films Inc. N. Y. vergeben worden. Hemingway und andere Beteiligte, auch Ivens, hatten keinerlei Ansprüche. Was bei der DEFA niemand wusste und was erst knapp zwanzig Jahre später durch die Leipziger Retrospektive »American Social Documentary« ins Filmbewusstsein gehoben wurde: Thomas (Tom) Brandon begann seine Laufbahn als Leiter der Filmabteilung der Workers International Relief (WIR), der US-amerikanischen Abteilung der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH); er war Mitbegründer des Nationalen Filmverleihs der WIR in den USA und später bis in die 1970er Jahre der größte Filmverleiher für unabhängige, progressive, linke Filme. Das waren Filme, die finanziell nichts einbrachten, ein Wunder, dass Brandon den Verleih halten konnte. Es war Brandon, der nach »The Spanish Earth« auch »The 400 Millions« und »Indonesia Calling« von Ivens übernahm. Seit dieser Zeit waren Brandon und Ivens im Kontakt miteinander. Kurz gesagt: Brandon war kein amerikanischer Moneymaker, sondern ein Comrade, was aber hieß, dass er das Geld aus den Rechten dringend für den unabhängigen Verleih linker Filme brauchte.

Wie auch immer, DEFA-Außenhandel musste sich mit Brandon verständigen. Wie die Verhandlungen ausgingen, ist nicht belegt. Laut DEFA-Außenhandel wurde der Film 1962 nur nach Rumänien, Bulgarien, Polen, die CSSR, 1963 an China, Ungarn, Kuba, 1965 an Albanien und 1968 an Jugoslawien verkauft. Allerdings gab es im März 1963 eine Vorführung bei Contemporary Films Ltd. in London. Und René Vautier, der 1958 bei der DEFA »Flammendes Algerien« realisiert hatte, berichtete von einer Vorführung Ende September 1963 in Algier, die alle Erwartungen übertraf. »Die Zuschauer organisierten nach dem Ende des Films spontan eine Sammlung zugunsten der streikenden Bergarbeiter von Asturien, und das, obwohl der Saal voller einfacher Menschen war, die, wie jeder weiß, zur Zeit mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.«

Anfang Juli 1963 erlebte der Film unter dem Titel »Espagne ardente« seine französische Erstaufführung in Paris. Der Saal fasste mehr als 800 Personen; wegen Überfüllung mussten Besucher abgewiesen werden. Kurt Stern war die Einreise von den französischen Behörden verweigert worden. Jeanne Stern als Französin stand Rede und Antwort. Die französische Filmzeitschrift Positif erklärte »Espagne ardente« zum europäisches Ereignis, das den Meisterwerken »Mourir à Madrid« (1963, Regie: Frédéric Rossif) und »Le joli mai« (1963, Regie: Chris Marker) ebenbürtig sei.

* Der Schriftsteller und Spanien-Kämpfer Gustav Regler (1898–1963) war 1942 im mexikanischen Exil aus der KPD ausgetreten und auf Distanz zur Sowjetunion gegangen.

Günter Jordan, Jahrgang 1941, arbeitete als Lehrer, bevor er an der Filmhochschule Babelsberg Regie studierte und ins DEFA-Studio für Dokumentarfilme eintrat. 1990 promovierte er an der Berliner Humboldt-Uni über die Frühgeschichte von DEFA-Wochenschau und Dokumentarfilm. 1996 gab er mit Ralf Schenk das Standardwerk »Schwarzweiß und Farbe. DEFA-Dokumentarfilme 1946–1992« heraus, dem 2009 das Nachschlagewerk »Film in der DDR. Daten, Fakten, Strukturen« folgte.

Quelle: junge Welt, 28.01.2017 / Wochenendbeilage / Seite 6 (Beilage)

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Redaktion KFSR

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