Vicente Almudéver – Kämpfer der spanische Republik. Von Rémi THOMAS, Frankreich.

Vicente Almudéver singend in Barcelona 2011. Foto: Gabriele Senft

Vicente Almudéver – Kämpfer der spanische Republik

Von Rémi Thomas

 Vicente Almudéver ist am 6. Juli 1917 geboren; im September 1936 schließt er sich einem Bataillon der JSU (Juventudes Socialistas Unificadas) an, um die spanische Republik zu verteidigen; er kämpft bis zum Fall von Katalonien im Januar 1939. Er war bereit, vor meinem Mikrophon zu erzählen; hier werden einige seiner Erinnerungen vorgestellt. Eine vollständige Textfassung des Gespräches ist in Arbeit.

„Mein Vater war Maurer, meine Eltern sind 1914 aus wirtschaftlichen Gründen nach Frankreich gekommen. Sie lebten zunächst in Narbonne, wo ich 1917 geboren wurde, danach zogen sie ins Lodève. Meine Mutter arbeitete als Schneiderin für die Armee. Nach meiner Geburt sind sie nach Marseille gezogen, wo 1919 mein Bruder Joseph geboren wurde, danach sind sie ins Lodève zurück gekehrt, und dort wurden meine anderen Brüder geboren: Jean 1922 und Noel 1923.“

„1929 kommen wir nach Spanien zurück. Wir wohnen in Alcacer, einer kleinen Stadt mit 2000 Einwohnern, 10 km entfernt von Valencia. Mein Vater baut hier die Baugewerkschaft auf.“

„Meine Eltern waren Republikaner mit einer sozialistischen Tendenz, mein Vater war Sympathisant von Indalecio Prieto und meine Mutter von Largo Cabellero. Die Diskussionen zwischen ihnen waren schon eine gute Schule.“

„Meine Mutter benutzte in der Stadt ein Fahrrad, deswegen wurde sie von allen als ein Phänomen angesehen, sie war die erste Frau in Alcacer, die Fahrrad fuhr.“

„Die Arbeitslosen bekamen gar nichts, wenn du keine Arbeit hast, isst du auch nicht! Das war klar. Die armen Familien hatten keine andere Möglichkeit als  Ähren zu lesen.“ „Ich fand das empörend, ich sah ja, was zu Hause passierte; mein Vater hatte nicht an allen Tagen Arbeit, man musste oft den Gürtel enger schnallen. Es war sehr schwierig.“

„Am Tag nach den Wahlen gab es einen radikalen Wandel in der Stadt. Es war der Sieg der Volksfront. Wir Jungen von Alcacer, wir kannten uns, wir begannen uns zu organisieren und wir haben die Jeunesse Socialiste Unifiée (Juventudes Socialistas Unificadas, JSU) gegründet, das war eine einzigartige Organisation, die junge Sozialisten und Kommunisten gemeinsam organisierte. In der Stadt waren auch die Anarchisten stark, so dass alle gemeinsam, Sozialisten, Kommunisten, Anarchisten die Bourse du Travail  (Arbeitsbörse) am Tag nach dem Sieg der Volksfront geschaffen haben.“

„ Und es ist uns gelungen, die Arbeitslosen im Rahmen eines Sozialsystems in Arbeit zu bringen, das allen Arbeitern der Stadt ein Minimum an Einkommen garantierte. Die Mächtigen, die Landbesitzer waren sofort in Opposition zu den Wahlergebnissen, sie haben versucht, die Arbeiterklasse gegen die Volksfront aufzubringen, indem sie aufgehört haben, ihr Land zu bearbeiten: keine Kartoffeln mehr, sie säten nicht, sie sabotierten die Ernte der Orangen. Das waren die Bedingungen, unter denen die Arbeitsbörse eine wichtige Rolle spielte.“

„Mit dem Sieg der Volksfront gab es eine Explosion von Freiheiten: Vereinigungen, Gewerkschaften, die Arbeitsbörse konnten frei agieren. Für die Arbeiterklasse war das eine wirklich unvorstellbare Veränderung.“

„Nach dem Putsch von Franco, am 18.Juli 1936, zögert die Regierung, das Volk zu bewaffnen. In Alcacer werden durch die Arbeitsbörse Waffen requiriert und in ihren Räumlichkeiten gesammelt. Man bewaffnet die sicheren Kräfte: Gewerkschaftsführer, Parteiführer und die Führung der Jugendorganisationen; ich habe ein neues Jagdgewehr erhalten.“

„Anfang September kündigt die Leitung der JSU an, ein Bataillon zu bilden. Sofort nehmen wir die  Straßenbahn nach Valencia, wir waren zu viert.“

„Und nach einigen Tagen, nicht weit weg vom Escorial, in der Sierra de Guadarrama, gibt man dem ganzen Bataillon Waffen aus. Von dort aus führt man uns zu dem Nest La Rozas, in der Nähe von Pardo und integriert uns in die 31. Brigade, die von 4 Bataillonen gebildet wurde.“

„Ich bin der Verantwortliche der JSU im Bataillon. Wir, verantwortlich für die Jugend und für die Partei, arbeiteten zusammen mit dem Politischen Kommissar: man musste die Werte der Republik vermitteln, warum man dort war, was man verteidigte. Man musste die Kämpfer politisch bilden. Es gab den Brigadekommandanten, das war der Chef, das war klar, und dann gab es den politischen Kommissar in der Brigade, es gab einen Kulturverantwortlichen, das war ein Intellektueller, der mit der Alphabetisierung der Freiwilligen beauftragt war, die weder lesen noch schreiben konnten. Und dann gab es diejenigen, die mit der politischen Arbeit beauftragt waren, ich war verantwortlich für die politische Arbeit unter der Jugend.“

„Ich war dem Stab der Brigade zugeordnet, aber mein Job war nicht im Hinterland, mein Job war es mittendrin zu sein im Bataillon und der Kompanie.“

Dann wurde die 31. Brigade im Januar 1937 ein Bestandteil der 2. Division, die auch die 30. Brigade umfasste, die von Manuel Tagüeña Lacorte kommandiert wurde. „Tagüeña war ein junger Typ, nicht älter als 23 Jahre, aber mit einer unglaublichen Sicherheit, die ihm das Auftreten eher eines 40 Jährigen als einem 23 Jährigem gab.“

„Man hat uns auf die Höhen der Sierra Guadarrama geschickt, nach Puerto de Navacerrada, das heißt an die Straße Madrid – Sevilla, ganz hoch. Es war eine fürchterliche Kälte. Ich erinnere mich gut an diesen Winters.“

„Die Kämpfe dort haben drei Tage gedauert. Und diese berühmte Schlacht der „La Granja“ ist der Stoff des Films und des Buchs von Hemingway „Wem die Stunde schlägt“. Das war im Mai 37.“

Von Herbst 36 bis zum Februar 38 ist Vicente Almudever im Bataillon der JSU, das Teil der 31. Brigade ist und sich an der Madrider Front schlägt.

Am 9. März 1938 starten die Faschisten die Offensive, die es ihnen erlaubt, das Gebiet der Republik in zwei Teile zu zerschneiden; die 31. Brigade wird dann von der Madrider Front an die Front von Aragon verlegt, aber im April muss sie sich wieder zurückziehen auf das linke Ebro-Ufer, wo die republikanische Armee sich auf die Gegenoffensive vorbereitet. Vicente überquert den Ebro am 24. Juli im Bereich Flix Asco Richtung Mequinenza.

„ Die Überquerung des Ebro in entgegen gesetzter Richtung, das war im Juli 38, das war wirklich eine Heldentat: es musste uns gelingen, all die kleinen Boote zu verstecken, da die feindliche Luftwaffe uns ständig beobachtete. Wir haben den Fluss in totaler Stille überquert. Später haben sich alle militärischen Kommentatoren gefragt, wie dieser Armee  von Bauern und Arbeitern diese militärische Großtat gelingen konnte: wir waren auf dem Laufenden der Kommentare, wir lasen sie.“

Übersetzung: Angelika Becker.

 

Redaktion KFSR

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