Hans Kahle (1899-1947) – Der Weg zum Kommunismus. Von Jakob Taube.

Titelfoto: Der Mann, der im Stehen redet, ist Francisco Antón, damals Mitglied des Politbüros des PCE, rechts von Hans Kahle sitzt André Marty. Foto: Archiv Werner Abel (AWA).

Hans Kahle (1899-1947) – Der Weg zum Kommunismus. Von Jakob Taube

Es stellt sich die Frage, wie Hans Kahle mit seinem sozialen Hintergrund zu einem Kommunisten wurde. Von ihm selbst gibt es dazu mehrere Aussagen. In einem Lebenslauf schreibt er:

In französischer Kriegsgefangenschaft (Juli 1918 – Februar 1920) lernte ich einige sozialistische Intellektuelle kennen, deren entschiedenes Auftreten gegen die reaktionäre Mehrheit des Lagers mich beeindruckte und deren Vorlesungen aus Barbusse’s „Feuer“ und Unruh’s „Opfergang“ ich besuchte. Von dieser Zeit an begann ich, das bürgerliche Weltbild kritisch zu betrachten.[1]

Man muss sich vergegenwärtigen, was das Kriegsende für einen jungen Menschen von 19, 20 Jahren, der seine Zukunft auf eine militärische Karriere gesetzt hatte, bedeutete. Er hatte nicht nur das Trauma der Gefangenschaft und der Niederlage Deutschlands zu bewältigen, sondern er musste aufgrund der durch den Versailler Vertrag vorgesehenen radikalen Reduzierung des Heeres auch all seine Pläne begraben. Der Frust über die grenzenlose Verantwortungslosigkeit und Dummheit der deutschen Heeresleitung und auf das ganze System, die dahin geführt hatten, muss enorm gewesen. Zwar keimte während des Kapp-Putsches, der sich gerade anbahnte, als Kahle am 11. März 1920 aus der Gefangenschaft nach Berlin heimkehrte, noch einmal kurzzeitig die Hoffnung auf eine militärische Laufbahn auf, und er schloss sich einer der rasch neuformierten Einheiten an. Vom 14. März bis 2. April diente er als Zeitfreiwilliger beim Brandenburger Füsilier-Bataillon des Reichswehr-Infanterieregiments Nr. 5. Doch nach wenigen Tagen zerstob auch diese Hoffnung zu nichts.
Einen zweiten Impuls erhielt Kahle während seines Studiums an der Handelshochschule in Berlin. In einer kurzen Biografie, verfasst von Heiner Rau gegen Ende 1938, ist davon die Rede, dass Kahle zu dieser Zeit erstmals Werke von Karl Marx las.[2] Ob diese Lektüre Bestandteil des offiziellen Lehrplans war, weiß ich nicht.
Ein dritter Impuls folgte in Mexiko. Kahle schreibt:

In Mexico lernte ich Professor Alfons Goldschmidt kennen, der mich mit den marxistischen Klassikern bekannt machte und mich in die sozialistische Gedankenwelt einführte.[3]

Alfons Goldschmidt (1879-1940), von Haus aus Jurist, Wirtschaftstheoretiker und Verfasser zahlreicher Artikel für die „Weltbühne“, war 1922 nach Lateinamerika gekommen und lehrte von 1923 bis 1925 an Hochschulen in Mexiko-Stadt. Bei dem zwanzig Jahre jüngeren Kahle hinterließ der linksgerichtete Intellektuelle, der mehrfach die Sowjetunion bereist hatte, auch wenn er nicht der KPD angehörte, einen prägenden Eindruck. Über den letzten Schritt in die KPD schreibt Kahle:

1927 kehrte ich nach Deutschland zurück und begann, journalistisch zu arbeiten. Ich besuchte die Kurse von Prof. Resch und Dr. Joh. Karl Koenig an der Volkshochschule Prenzlauer Berg, die meine marxistischen Kenntnisse erweiterten und mich zur organisierten Arbeiterbewegung führten. 1928 trat ich in die Kommunistische Partei ein und wurde von Joh. Karl Koenig in die Kulturarbeit eingeführt. In den ersten Jahren meiner Parteitätigkeit bis 1933 arbeitete ich vorwiegend im Freien Radio Bund Deutschlands (Vorsitzender von 1931-1933), in der IFA der Schriftstellerfraktion und entwickelte die Wochenzeitschrift „Arbeiter-Sender“ (Redakteur von 1930/32, Verlagsleiter 1932/33).[4]

[1] Landeshauptarchiv Schwerin, 10.9-K/1 Nachlass Kahle, Hans, Nr. 1: Lebenslauf vom 7. Februar 1946.

[2] RGASPI (Russländisches Staatsarchiv für sozio-politische Geschichte), 545/3/90, Bl. 24-26. Für den Hinweis auf dieses Dokument danke ich Werner Abel. Als diese Biografie entstand, arbeiteten Rau und Kahle zusammen in Paris im „Hilfskomitee für die ehemaligen deutschen und österreichischen Kämpfer in der spanischen Volksarmee“. Ich gehe daher davon aus, dass diese Angabe auf einer Mitteilung von Kahle basiert.

[3] Lebenslauf, wie Anm. 1.

[4] Lebenslauf, wie Anm. 1. Die erwähnte Volkshochschule war eine Vorläuferin der Marxistischen Arbeiterschule (MASCH), an der sowohl Resch als auch König später lehrten. IFA war die 1929 gegründete „Interessengemeinschaft für Arbeiterkultur“, ein Dachverband kommunistischer Kulturvereine. Die Passage muss wohl korrekt lauten: „in der Schriftstellerfraktion der IFA“.

Anmerkung der Redaktion:

In der Ausgabe der ¡NO PASARÁN! Nr.: 2-2016 wurde der Beitrag „Hans Kahle – Der Weg nach Spanien“ Teil I veröffentlicht. Er war mit dem Verweis auf die Veröffentlichung eines weiteren Beitrags zu diesem Thema auf der WEB-Seite www.spanienkaempfer.de versehen. Die Ausgabe kann via redaktion@spanienkaempfer.de bestellt werden.

Redaktion KFSR

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