Warum diese Inder für die spanische Demokratie kämpften. Von Charu Sudan Kasturi.

Warum diese Inder für die spanische Demokratie kämpften

Von Charu Sudan Kasturi

Einige der 3.000 Mitglieder der Internationalen Brigade beim Einmarsch in die Grenzstadt Le Perthus mit der zurückweichenden Republikanischen Armee während des Spanischen Bürgerkriegs.

Warum es Dich etwas angeht

Weil das zeigt, wie anziehend Demokratie sein kann.

Für die amerikanischen und europäischen Freiwilligen, die im April 1938 einhundert Meilen südlich von Barcelona  gegen General Francisco Francos von den Faschisten unterstützte Truppen für das Republikanische Spanien kämpften, war der dunkle, schlanke Mann in ihrem Bataillon ein kleines Mysterium.

Sie fragten sich, ob er Iraker oder vielleicht ein Brite war. Doch der 35-jährige Gopal Mukund Huddar war in Wirklichkeit ein Inder, der der Stadt Nagpur entstammte, etwa 500 Meilen entfernt von Mumbai. Er wies sich als Brite unter dem Kampfnamen John Smith aus, was ihm möglicherweise das Leben retten würde.

Huddar 1936. Quelle: Shailendra Vaidya

Huddar war einer von sechs Indern, von denen bekannt war, dass sie 1937 nach Spanien gingen, um sich den Internationalen Brigaden anzuschließen, 32.000 idealistischen Jugendlichen aus der ganzen Welt, einschließlich 2.800 aus den USA, die gegen Franco kämpften. Zu den Indern gehörten Mulk Raj Anand, aus dem ein berühmter Autor werden sollte, Huddar, ein Journalismus-Student in London, drei Doktoren, einschließlich Atal Menhanlal, Ayub Ahmed Khan Naqshbandi und Manuel Pinto, sowie ein Student namens Veerapan.

Die Inder, die kamen oder irgendeine Art von Hilfe leisteten, betrachteten den Kampf für die Spanische Republik ganz einfach als Teil eines größeren Kampfes. Nick Lloyd, Historiker

Indien befand sich zu jener Zeit mitten im Kampf um die Befreiung vom britischen Kolonialismus. Genau dies zog die Freiwilligen nach Spanien in den Kampf gegen Franco, der von Adolf Hitlers Deutschland und Benito Mussolinis Italien unterstützt wurde. „Die Inder, die kamen oder irgendeine Art von Hilfe leisteten, betrachteten den Kampf für die Spanische Republik ganz einfach als Teil eines größeren Kampfes, der auch den Kampf gegen den britischen Kolonialismus zu Hause einschloss,“ sagt der der Historiker Nick Llloyd aus Barcelona, der Geschichtstouren durch die Überbleibsel des Erbes des Bürgerkrieges in der Stadt führt, die heute von Geschäften populärer Modemarken überdeckt werden.

Die Republikanische Sache erhielt breite Unterstützung seitens der indischen Befreiuungsbewegung. Jawaharlal Nehru, der künftige erste Premierminister des unabhängigen Indiens, besuchte 1938 Spanien als Zeichen der Solidarität und in London lebende Inder organisierten Spendenaktionen und einen Krankenwagen für die Internationalen Brigaden.

80 Jahre später jedoch untersuchen Forscher immer noch die Reisen der sechs Inder, die einen Schritt weiter gegangen waren. Menhanlal folgte dem kanadischen Arzt Norman Bethune vom Kampf gegen Franco in Spanien in die Schlacht gegen die Japaner in China, wo er sich niederließ und 1957 im Alter von 71 Jahren starb. Menhanlals Geschichte führte die Forscher  Len und Nancy Tsou, Autoren des 2013 erschienen Buchs Der Ruf Spaniens: Die chinesischen Freiwilligen im spanischen Bürgerkrieg, zu den anderen Indern.

Von ihnen wurde Naqshbandi zum ersten Professor für Orthopädie des Mayo-Krankenhauses von Lahore, wo er nach der Aufteilung des Subkontinents 1947 arbeitete. Fast nichts ist über  Pinto oder Veerapan bekannt. Doch für Huddar bedeutete die Reise nach Spanien den Teil einer größeren Verwandlung. Während seiner Zeit in Indien war er ein Gründungsmitglied der  Rashtriya Swayamsevak Sangh, einer Gruppe, die die Schaffung eines hinduistischen Indiens als ihr Hauptziel betrachtete, und in London wurde er ein Marxist.

Gopal Mukund Huddar und seine Frau, Manorama. Quelle: Shailendra Vaidya

Nach seiner Rückkehr nach Hause trat Huddar der Kommunistischen Partei bei und gehörte ihr von 1938 bis 1952 an. Doch bevor er Spanien verlassen konnte, war Huddar, der im Jahr 1981 verstarb, gezwungen, Francos Gefängnisse durchzumachen, als einziger von den Indern.

Huddar erreichte Spanien am 17. Oktober 1937 und schrieb sich in der Stadt Albacete als John Smith in die Internationalen Brigade ein, um seine indische Herkunft zu verdecken. „Die Annahme eines Kampfnamens war in Spanien ziemlich verbreitet, da der Freiwilligeneinsatz in vielen Ländern verboten wurde (einschließlich Großbritannien, das Indien regierte),“ erzählt Richard Baxell, britischer Historiker und Autor von drei Büchern über den spanischen Bürgerkrieg. Huddar trat der XV. Brigade bei, die auch Abraham Lincoln Brigade genannt wurde, da ihr mehrheitlich amerikanische Freiwillige angehörten. Doch waren in der Brigade auch beträchtlich viele Briten sowie einige Kämpfer vom Balkan und der französisch-belgischen Bataillone.

Am 11. Februar 1938 kam Huddar nach Tarazona in Nordspanien zur Ausbildung und einige Monate spatter wurde er der XV. Brigade zur Verteidigung der katalanischen Stadt Gandesa zugeordnet. Nach der Gefangennahme durch Francos Truppen wurde Huddar mit weiteren Brigadisten in San Pedro de Cardeña eingekerkert. Ivor Hickman, ein Mitgefangener, nannte  Huddar seinen „irakischen Freund”, was John Wainwright in seinem 2012 erschienenen Buch Der letzte Gefallene auf der Basis von Hickmans Mitteilungen nach Hause detailliert darstellt, wobei er auf eine mögliche zweite Identitätsverschleierung von Huddar hinweist.

Er erwähnte auch seinen Ruf als Handleser. In dem Buch Gefangene des Gerechten Kampfes beschrieb Carl Geiser, ein amerikanischer Zellengenosse, wie der indische Mitgefangene seine Hand studiert und zutreffend erraten hatte, dass er einen Bruder und vier Schwestern hatte. Dann erzählte Huddar Geiser, dass er gute und schlechte Nachrichten hätte. „Du wirst  lange Zeit leben, „sagte Huddar ihm und fügte hinzu, „Im Alter wirst Du ein Leiden bekommen.“ Geiser kam lebend aus dem Gefängnis und starb im Alter von 99 Jahren, aber in seinen Sechzigern wurde ihm Parkinson diagnostiziert.

Ende 1938 geriet die britische Regierung unter Druck, über die Freilassung ihrer unter Franco eingekerkerten Bürger zu verhandeln. Der nach Spanien entsandten britischen  Verhandlungsdelegation gehörte ein pensionierter Oberst an, der in einem Stützpunkt in der Nähe von Nagpur Dienst getan hatte. Der Oberst hörte von dem indisch aussehenden John Smith und zwang Huddar bei einer Begegnung zuzugeben, dass er aus Nagpur stammte.

Doch nahm der Oberst den Namen John Smith trotzdem in seine Liste der britischen Kriegsgefangenen auf, womit er dessen Freilassung erleichterte. Solch eine Kameradschaft hätte es wohl zu jener Zeit in Indien nicht gegeben, doch in dieser spanischen Zelle gewann an diesem Tag der Geist des Internationalismus.

Charu Sudan Kasturi, OZY Autor

Quelle: http://www.ozy.com/flashback/why-these-indians-fought-for-spanish-democracy/78676#.WTWacpZHKEw.facebook

Übersetzung: „jowi-uebersetzungen.de“

 

 

 

Redaktion KFSR